Auf dem Weg zur Volkspartei
Von Georg Fülberth
Vor 50 Jahren beschloß die SPD das »Godesberger Programm«. Die Sozialdemokraten erzogen sich um.
Schon Wochen vor dem Jubiläum wußte die Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland: Hätte die SPD die Bundestagswahl 2009 gewonnen, dann wäre die Erinnerung an jenen 15. November 1959, an dem die Sozialdemokratische Partei Deutschlands auf einem Sonderparteitag in Bad Godesberg ihr neues Grundsatzprogramm beschloß, zum rauschenden Fest geraten. Jetzt aber liege sie am Boden. Da gibt es wohl keinen Sekt. Von links wird man aus gleichem Anlaß lesen: So etwas kommt von so etwas – eine späte Quittung für einen Verrat.
Die Häme der FAZ zeigt Genugtuung. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums sollte sich Schadenfreude verbieten. Man ist selbst ja auch nicht besser dran. Nach wie vor eher noch schlechter.
In ihrer 146jährigen Geschichte (Achtung! 2013 nächstes Jubiläum!) hat sich die deutsche Sozialdemokratie (die USPD eingeschlossen) insgesamt elfeinhalb Programme gegeben (wenn man das Prager Manifest von 1934 und – das gehört sich so – das »Manifest der Demokratischen Sozialisten des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald« von 1945 dazuzählt). Das Godesberger Programm ist bis heute das prominenteste von ihnen. Daß es danach noch zweieinhalb andere gegeben hat (das Berliner 1989, geändert in Leipzig 1998, und das Hamburger 2007), ist fast vergessen. Eine Blitzumfrage unter den Lesern der Bild-Zeitung, wie denn das aktuelle SPD-Programm heißt, würde wohl zu 98 Prozent »weiß nicht« oder eine falsche Nennung – »Das Kommunistische Manifest«, »Die Bergpredigt« – ergeben, zu zwei von hundert aber doch wohl »Das Godesberger Programm«. |