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Käptn Blaubär hat am 31. Oktober 2012 um 15:28 Uhr folgendes geschrieben:
Deine Hilfe war und ist für deinen Bekannten sicher von großem Wert. |
Das ist sie erst dann, wenn diese Person selbst lernt mit dem was sie hat klarzukommen.
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Das ändert aber nichts an der Tatsache das dieser Mensch arm ist. Wie übrigens jeder Bezieher von Leistungen nach SGB II, Sozialhilfe, Grundsicherung und Wohngeld. |
Es ist nichts persönliches, aber bei diesem Satz kringeln sich mir schon wieder die Fußnägel.
Transferempfänger sind armutsgefährdet, aber NICHT arm! Das sind zwei grundverschiedene Dinge. Selbst den Mitarbeitern der Gerschen Sozialeinrichtungen geht dieses Armutsgeschwafel mittlerweile auf den Sack. auch wenn mans tausendmal wiederholt wird es nicht wahrer.
Armutsgefährdet bzw. relativ arm ist, wer weniger als 60% des Mittelwerts des Einkommens seiner Region hat. Das sollte auch im Thüringer Raum für ALG2-Empfänger zutreffen.
Für Armut gibt es zwei Definitionen: Entweder man hat weniger als $1,25 täglich zur Verfügung, oder man unterliegt einer Mangelversorgung von Lebensnotwendigem wie Kleidung, Nahrung, Trinkwasser, Unterkunft (inkl. Heizung), medizinischer Versorgung, Bildung undwasmirgradnichtmehreinfällt.
Beide Definitionen treffen auf Transferempfänger in Deutschland in der Regel NICHT zu. Genau die Sozialgesetze sorgen doch dafür, dass jeder mit Grundlegendem versorgt wird, jedem steht eine warme, trockene Wohnung zu, >100€/mtl. gibts für Essen und Trinken, jeder ist krankenversichert, und Schulen und Bibliotheken dürfen genutzt werden. Selbst eine Erstausstattung an Möbeln und Technik wird gestellt.
Wer Transferempfänger also als arm bezeichnet stellt sie auf eine Stufe mit verhungernden und zerschossenen Kindern in Afrika. Wahrscheinlich ist aber genau das von diversen Gruppierungen gewollt, um in den Köpfen ein Bild von verhungernden und geschundenen deutschen Kindern zu platzieren.
Manchem scheinen diese Leistungen schon so sehr selbstverständlich geworden zu sein dass gern übersehen wird dass es eine gesellschaftliche Leistung ist diese Dinge zur Verfügung zu stellen. Wer ein wenig in anderen Ländern unterwegs war wird erkennen dass das deutsche Sozialsystem mit eines der fortschrittlichsten und für die Betroffenen eigentlich angenehmsten ist. Was natürlich nicht heisst dass es auch besser geht, aber zum BGE komm ich später noch.
Was mir aber auch noch sauer aufstösst ist dass sich jeder durch den Formulardschungel wühlen muss. Nicht jeder kommt damit wirklich klar, man kann über intellektuell nicht so herausragende zwar hervorragend herziehen aber diese Leute gehören genauso zu unserer Gesellschaft und müssen mitgenommen werden. Angebote zur Hilfe gibt es zwar genügend, AWO/Lebenshilfe usw. kümmern sich schon um extreme Fälle, aber wer diese Hilfe aus welchen Gründen auch immer nicht annimmt hat Pech gehabt. M.E. darf sowas nicht passieren, auch wer sich Hilfen verweigert - nicht jeder ist "noch ganz klar im Kopf" - muss die grundlegenden Dinge zugesteckt kriegen. Politiker vergessen gern dass es auch noch einen "Bodensatz" im Intelligenzpool gibt, der auch nach 10 Maßnahmeschulungen noch keine Formulare ausgefüllt kriegt.
Nur als Beispiel worueber ich vor kurzem gestolpert bin: Die Arge muss zusaetzlich zum Regelsatz noch Hausratsversicherungen zahlen. Ausserdem ist die Wohnungsgroesse unerheblich, es kommt nur auf die Miete an ob sie genehmigt werden kann oder nicht - eine 6-Raum-Wohnung für einen Single ging schon vor Gericht als zulässig durch. Dass man sich solche Dinge regelmässig vor Gericht erkämpfen muss ist ein weiteres Unding und von "einfacher gestrickten" Naturen überhaupt nicht machbar, hier haben eloquente und belesene "Hartzies" durchaus Vorteile, was auch nicht im Sinne eines Sozialsystems sein kann.
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Darum sollte es doch in erster Linie darum gehen das Armut vermieden und beseitigt wird. Und nicht darum wie man sich mit erzwungener Armut besser leben kann. Abfallverwertung durch Tafeln und Kleiderkammern ist keine Lösung sondern fördert Armut. |
Ich war jetzt monatelang als Begleitung mit bei der Tafel, hab mich da mit angestellt, bin durch die Kleiderkammer geschlendert und hab mit den Leuten Kaffee getrunken (ein Ritual
).
Du kriegst bei der Gerschen Tafel keinen Abfall.
Die Kleiderkammer ist ein normaler Second-Hand-Laden, die Sachen sind alle einwandfrei und zu schade zum wegschmeissen. Der Unterschied zum normalen A&V liegt nur darin dass das Zeug gespendet wurde und nur Bedürftige dort kaufen dürfen (was ich als nicht berechtigter diskriminierend finde
).
Schlechte Nahrungsmittel werden sofort aussortiert, es ist natürlich nicht mehr alles frisch, man kriegt schon mal Gummiradieschen, aber es ist nix angegammelt. Das MHD der Sachen liegt zum Großteil noch in der Zukunft.
Fraglich ist natürlich, ob es sein darf, dass Transferempfänger auf die Tafel angewiesen sein müssen. Dass dem nicht so ist hat meine Aufrechnung oben eigentlich gezeigt. Würde diese Person nicht noch alte, selbstgemachte Schulden abzahlen, wäre eine normale Versorgung aus dem Supermarkt also durchaus drin. Tafel wäre dann ein Bonus, ein Geschenk.
Inwiefern und warum andere Leute jetzt auf die Tafeln unbedingt angewiesen sind kann ich nicht beurteilen. Der Parkplatz davor ist jedenfalls krachend voll, bis zum Benz ist alles vertreten, Geld scheint nicht überall zu mangeln.
Meiner Meinung nach ist die Gersche Tafel also nicht lebensnotwendig, ist natürlich aber eine sehr gute Hilfe wenns auch mal unverschuldet finanziell "eng" wird. Von daher - von dem vollen Parkplatz bitte nicht beeinflussen lassen, es gibt durchaus Leute die auch richtig drauf angewiesen sind, weil lückenlos ist auch das deutsche Sozialsystem nicht.
Da ich kein Amt innehabe muss ich die Piratenmeinung aber auch nicht ständig vertreten. Ich meine, die Thüringer Piraten sprechen sich hier für Einschienenbahnen aus, na hallo ...
Ich propagiere aber tatsächlich ein Grundeinkommen, allerdings nicht, um alle reicher zu machen, sondern um den Leuten ihre Freiheiten wiederzugeben. Tatsächlich stände mit "meinem" Grundeinkommen vielen weniger zu als heute durchs SGB. Dafür gäbs keine Sinnlosgängeleien durchs Arbeitsamt und jeder könnte das Geld so gewichten wie er es gerne hätte - wer halt weniger für eine Wohnung ausgeben will könnte sich im Gegenzug evtl. ein Fahrzeug leisten. Das bedingt natürlich dass man auch mit dem Geld umgehen kann, was, wie man oben sieht, bei einem Grossteil der Bevölkerung nicht gegeben zu sein scheint.
Ein Grundeinkommen hätte evtl. auch das Leben des Vaters und der Kinder oben gerettet. Auch wenn ich die Hintergruende nicht weiter kenne als aus dem Artikel, denke ich mal dass die Familie in der Vergangenheit ordentlich Arbeit hatte und sich das Haus ohne weiteres leisten konnte. So wie's klingt war der Vater wohl dann arbeitslos und soooo viel wird die Mutter auch nicht weiter verdient haben. Evtl. aber doch zu viel als dass der Vater ALG2 erhalten hätte, oder das Haus stand als Vermögen einer Anerkennung als Bedürftiger entgegen - keine Ahnung.
Jedenfalls hätte die Familie mit einem Grundeinkommen sowohl das Haus behalten können als auch ein Einkommen für die täglichen Bedürfnisse wie Strom gehabt, dann hätte es des Notstromaggregats nicht benötigt. Da ich genauso ein Grundeinkommen erhalten würde wäre ich auch nicht neidisch dass so ein reicher Hausbesitzer Geld vom Staat kriegt. Krieg ich ja dann auch.
Edit: es hätte ihn natürlich NICHT gerettet, wenn er das Aggregat aus anderen Gründen angeschaltet hätte. Wären hier keine unschuldigen Kinder betroffen würde ich irgendwas mit "Darwin" bringen, stattdessen wünsch ich der Mutter lieber Kraft zum Weiterleben.
Dieser Beitrag wurde 1 mal bearbeitet, zum letzten Mal von Lazarus: 31.10.2012 21:45.
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