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Die Nacht, in der Adenauers Traum wahr wurde
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gastli
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Wohnort: terrigenus
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13.08.2006 ~ 18:38 Uhr ~ gastli schreibt:
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im Forum Thüringen seit: 03.12.2005
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Die Nacht, in der Adenauers Traum wahr wurde |
Beitrag Kennung: 20438
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Zitat: |
Die Nacht, in der Adenauers Traum wahr wurde
Vor 45 Jahren wurde die Berliner Mauer gebaut
Die Zahlen der Toten wurden gerade nach unten korrigiert - 125 Menschen, so meint es das ZZF Potsdam, kamen an der innerdeutschen Grenze ums Leben. Doch das sind viele genug. Vor 45 Jahren wurde das Symbol dieser Befestigungsanlagen, die Berliner Mauer, errichtet. Über 28 Jahren verlief sie mitten durch Deutschland.
Die Abläufe, die schließlich zum Bau der Befestigungsanlagen führte, sind bis heute unzählige Male durchleuchtet, analysiert und zu Papier gebracht worden. Völlig geklärt sind sie nicht. Von wem kam die Initiative und welche Alternative hätte es für Ost-Berlin und Moskau gegeben? Welche Rolle spielen die West-Mächte, die seit dem Berlin-Ultimatum der Sowjetunion demonstrativ ein derartiges Druckpotential aufbauten und ständig vor der Notwendigkeit eines Atomkrieges sprachen? Intern so ernsthaft, daß selbst, wie Rolf Steininger anhand der Akten widergibt, der ansonsten hartgesottene Adenauer in einem Gespräch mit einem Vertreter des britischen Premiers regelrechte Angst bekam.
Der große Rahmen jedoch ist bekannt. Die Großmächte - sprich die Sowjetunion auf der einen und die USA mit ihrem Londoner Kreditnehmer und dem Pariser Kriegsverlierer im Schlepptau auf der anderen Seite - hatten Deutschland besiegt und es unter sich aufgeteilt. Was objektiv eine Befreiung vom Faschismus gewesen sein mag, subjektiv von vielen Zeitgenossen, vor allem den Opfern des Hitlerschen Dramas auch so empfunden wurde, war aus Sicht Moskaus und Washingtons eine Aufteilung der Welt. Die Strategen in den beiden Hauptstädten waren sich längst im klaren - und spätestens in Jalta auch einig - ihre Interessensphären abzugrenzen. Sie haben sich im wesentlichen immer daran gehalten.
Was von Deutschland übrig blieb, wurde aufgeteilt. Dieser Schwertstrich durch den deutschen Kuchen war der eigentliche Eiserne Vorhang, der in Europa niederging. Die Besatzungsmächte oktroiierten ihre Gesellschaftssysteme, beide nur notdürftig germanisiert und mit recht gefügigen Statthaltern personell besetzt. Über die weitere Entwicklung nachzudenken, ist an dieser Stelle nicht der ausreichende Raum. Der Traum, daß auf das Versagen des bürgerlichen Kapitalismus in Weimar und die faschistische Katastrophe eine sozialistische Antwort in deutschen Farben gegeben werden konnte, erfüllte sich in der Ostzone nicht. Vielmehr fanden sich die schnell abnehmende Zahl von zunächst rund 18 Millionen Menschen unter der Fuchtel einer selbstherrlichen Bürokratendiktatur, die das Wort "Sozialistisch" als höhnische Phrase im Namen der eigenen Partei führten.
"Wenn es noch eines weiteren Beweises bedurft hätte, daß sich das kommunistische System in Mitteldeutschland nur mit Gewalt zu halten vermag, dann ist dieser Beweis mit der bewaffneten Einschließung der Zonenbevölkerung und der Ost-Berliner am 13. August erbracht", schrieb das führende Mitglied der Exil-CDU und spätere Ostminister Johann Baptist Gradl am 15. August 1961 in Bonn, der Hauptstadt der Bundesrepublik. Die ideologische Rethorik einmal beiseite gelassen, hat der Mann inhaltlich völlig recht. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die DDR zusammengebrochen wäre. Und doch sah Gradl nur die halbe Wahrheit. Ursache der Mauer, wie der Art des Grenzregimes war letztlich die Spaltung Deutschlands. Und deren Einpeitscher auf deutscher Seite mußte er nicht in Ost-Berlin suchen.
Der westdeutsche Kanzler Konrad Adenauer, nach dem die CDU heute ihre Parteizentrale im Herzen Berlins nennt, hat einmal mit Stolz hervorgehoben, auf einem der vordersten Plätze auf einer alliierten Liste mit möglichen deutschen Nachkriegskräften gestanden zu haben. Er verschwieg zu erwähnen, daß diese Liste nach Alphabet geführt wurden. Aber selbst wenn: die westlichen Besatzungsmächte hatten mit dem früheren Kölner Oberbürgermeister einen guten Fang gemacht. Adenauer war überzeugter rheinischer Separatist; seine Politik war seit dem Ende der Ersten Weltkrieges auf eine Abspaltung weiter Teile Westdeutschlands und deren Umwandlung zu einem auf Frankreich orientierten Teilstaat ausgerichtet. Es gibt Berichte, wonach er sich selbst im Herbst 1923 am Gründungakt einer Rheinischen Republik in Mainz beteiligt haben soll - zum gleichen Zeit, als in den Städten des Ruhrgebietes Arbeiter passiven Widerstand gegen die Ausplünderung des Rheinlandes durch französische und belgische Besatzer leisteten.
Als Mitglied des preußischen Staatsrates, in dem er sich eine politische Dauerfehde mit dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Otto Braun lieferte, residierte Adenauer im gleichen Gebäude, in dem heute das Bundesumweltministerium untergebracht ist. Fuhr er nach Berlin, so zog er hinter Magdeburg die Vorhänge zu - hinter der Elbe begann für ihn die sibirische Steppe, deren Anblick er sich nicht zumuten wollte.
Dieser Geist war noch wach, als Adenauer, nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den Engländern, zunächst die christdemokratische Partei in den Westzonen aufbaute, schließlich Kurs auf die Separatstaatsgründung nahm. "Lieber ein halbes Deutschalnd ganz, als ein ganzes Deutschland halb", war seine Begründung. Dieses halbe Deutschland, dessen Grenzen im wesentlichen und wohl aus Zufall der des napoleonischen Kollaborationsgebildes Rheinbund entsprach, war Adenauers politischer Lebenstraum war. Es genügt ein Blick in die Chronologie: die Einführung der westdeutschen Spalter-D-Mark riß das deutschen Währungs- und Wirtschaftsgebiet auseinander, nicht eine vergleichbare Maßnahme in der Ostzone. Es waren die Westzonen, in denen jegliche Änderung der gesellschaftlichen Struktur, etwa eine Bodenreform oder eine - auch von der CDU in ihrem Ahlener Programm geforderte - Nationalisierung der Groß- und Schwerindustrie, hintertrieben wurde. Es war schließlich das Grundgesetz und der Bundestag, welche zuerst entstanden; nicht die Volkskammer und die Verfassung der DDR. Die westdeutsche Spalterregierung lehnte, sich selbst mit der Alleinvertretungsanmaßung ausstattend, jegliche Gespräche zur Überwindung der Teilung ab - von der Stalin-Note im Jahre 1952 bis zum noch Mitte der 60er Jahre von Ost-Berlin fast verzweifelten vorgebrachten Angebot, wenigstens einen deutsch-deutschen Redneraustausch zuzulassen, um im Gespräch zu bleiben.
Dies waren nicht die Gründe, aus denen bis zum August 1961 mehrere Millionen Menschen aus der DDR in die Bundesrepublik flohen und damit das System an den Rande des Kollaps brachten. Sie lagen in der inneren Zurichtung des "ersten Arbeiter- und Bauerstaates auf deutschem Boden". Dessen Ausgangsbedingungen waren denkbar schwieriger, als die der westlichen Zonen, das Besatzungsregime härter. Und die heute oft vergessene Tatsache, daß die SBZ/DDR alleine die Reparationen ganz Deutschlands an die UdSSR zu tragen hatten, trugen das Ihre dazu bei. Entscheidend war jedoch das von Beginn an verkrustete, von einer dem Marxismus höchstens äußerlich ähnlichen, die nationalen Besonderheiten nicht zur Kenntnis nehmende Bürokratiesystem des Revolutionsexports.
Dem "Alten" war das wohl ganz recht. Die ernstgemeinten Vorschläge der Sowjetunion, sich im Gegenzug für ein neutralisiertes Gesamtdeutschland, welches alleine schon aufgrund der Größenverhältnisse und ökonomischen Potenz wesentlich unter westdeutschem Einfluß gestanden hätte, wies er zurück. Während der Gespräche zur Lösung der Berlin-Krise waren sich der britische Premier Harold Macmillan und der französische Präsident Charles de Gaulle darüber einig, daß man selbst keinerlei Interesse an der Einheit Deutschlands habe, die westdeutsche Seite offenkundig ebensowenig und es geradezu widersinnig wäre, für dieses Ziel und den Erhalt West-Berlins einen Atomkrieg zu führen. Dennoch wäre es vermutlich, aus der Dynamik der Ereignisse, dazu gekommen, hätte eine der beteiligten Seiten die Lage zu diesem Zeitpunkt eskaliert. Kurze Zeit später, während der Kuba-Krise, stand die Welt noch näher an der thermonuklearen Zerstörung.
Die SED-Führung unter Walter Ulbricht hätte die Mauer gerne verhindert. So bemühte sich die DDR, die "Bruderstaaten" zum vorrangigen Aufbau des östlichen deutschen Staates zu bewegen. Was auf deren Kosten gelaufen wäre und folglich abgelehnt wurde. Im Gespräch, so wird es in der Forschung häufig vertreten, war zunächst eine Abriegelung Gesamt-Berlins. Erst die westlichen "Essentials" waren für den Osten das entscheidende Signal, wo sich die Mächte zu einigen gedachten: an der Sektorengrenze.
Diese wurde in der Nacht vom 12. auf den 13. August abgeriegelt, eine knappe Woche vor dem endgültigen grünen Licht aus Moskau. Die Vorbereitungen, für die sich Erich Honecker verantwortlich zeichnete, liefen schon länger. Die Westmächte reagierten nach geraumer Zeit mit einem formalen Protest - man weiß heute, daß sie vom Mauerbau vorab informiert waren und ihm zustimmten. Vor allem US-Präsident John F. Kennedy zeigte sich im Oval Office zufrieden über den Ausgang der Berlin-Krise - keine zwei Jahre später log er in den Westsektoren den Satz "Ich bin ein Berliner".
Konrad Adenauer hielt es nicht für nötig, Berlin zu besuchen. Mit seinem sturen Beharren auf "Einheit durch freie Wahlen" und keinerlei Kontakt zu den östlichen Behörden hatte er eine Überwindung der Teilung verhindert. Maßgeblich, wie man meinen darf. Nun war die Teilung erst in Stacheldraht, später in Stein und schließlich in meterhohen Beton gegossen worden. Im Westen stellte man später kleine Tribünen auf, in denen die Touristen auf Affenschau in den Osten blicken konnten. Auf der anderen Seite hielten bewaffnete Posten die Menschen vom Übertreten der Sektoren- und Zonengrenze ab.
Die Mauer durchschnitt Deutschland über 28 Jahre, entfremdete vor allem den Westen in zunehmendem Maße vom kleineren Teilstaat, zementierte den Status Quo der Spaltung. Bis das Volk im Osten nicht mehr bereit war, dem mumifizierten Politbüro Gehorsam zu spenden. Über Nacht, wie sie kam, war am Morgen des 10. November die Mauer als Grenze verschwunden. Ihre baulichen Überbleibsel überdauerten sie nur einige Monate.
(Berliner Umschau)
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Ein wesentlich besserer Artikel als das Geschwätz zum selben Thema von Althaus heute in Erfurt.
Er ist wie leider viele "Ossis" etwas engstirnig.
Zitat: |
Zum bevorstehenden 45. Jahrestag des Mauerbau-Beginns hat der Thüringer Ministerpräsident Dieter Althaus vor dem Vergessen gewarnt. Er erklärte, mit dem Bau der Mauer habe der SED-Staat brutal den Willen nach Freiheit und Selbstbestimmung unterdrückt. Doch der Wille nach Freiheit sei stärker gewesen als Mauer und Stacheldraht. Ein Schlussstrich unter die Stasi-Aufarbeitung verbiete sich, erklärte Althaus nochmals. Thüringen setze sich für eine unbefristete Verlängerung der Stasi-Überprüfungen insbesondere im öffentlichen Dienst ein. Die Rehabilitierung der Stasi-Opfer sei noch nicht abgeschlossen.
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