Petition für die Abschaffung der Sanktionen nach dem Sozialgesetzbuch II und XII

Pfiffikus
Zitat:
gastli hat am 19. September 2018 um 08:43 Uhr folgendes geschrieben:
Und wer sich dann als "Komplettverweigerer" [was für jeden Bürger ein vom Grundgesetz gesichertes Recht ist] herausstellt, der bekommt eben maximal 20 Prozent Abzug?
Oder ist das schon zu sozial und demokratisch?
Nö.

Niemand hat in irgendeiner Gesellschaftsordnung das Recht, sich komplett und vorsätzlich einer Wertschöpfungskette zu entziehen und für sich selbst zu entscheiden, auf Kosten anderer zu leben.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre in der Tat ein sehr mächtiges Instrument, mehr Gerechtigkeit herzustellen. Doch dürfte dieses keinesfalls höher als der derzeitige Regelsatz liegen. Und leider wird ein funktionierendes bedingungsloses Grundeinkommen durch den derzeit geltenden Mindestlohn blockiert. (Welcher realistisch rechnende Unternehmer wäre bereit, für den Arbeitseifer so mancher Leute den von Dir erträumten Mindestlohn von 13 Euro zu zahlen?)


Pfiffikus,
der den Artikel 12 GG nicht als Schlaraffenlandartikel interpretieren kann
gastli
Ich will dieses Thema hier noch einmal aufgreifen und präzisieren.
Einerseits, weil die menschenverachtenden Sanktionen inzwischen sogar bis zu unseren Öffentlich-Rechten Staatssendern vorgedrungen sind.
Und andererseits, weil Sprüche wie "für so welche muss ich mitarbeiten" oder "niemand soll auf Kosten anderer leben" bekanntlich auch bei [zumindest rein äußerlich gesund aussehenden Menschen] schnell die Runde machen.
Ich höre diesen Blödsinn regelmäßig.

Also was genau sind denn "Totalverweigerer"?

Hier in dieser BRD gibt es Menschen, die so viele Aktien besitzen, dass sie nur auf die Ausschüttung der Dividenden warten müssen.
Hier in dieser BRD gibt es Menschen, die so viel Vermögen besitzen, das sie allein von den Zinsen leben können.
Hier in dieser BRD gibt es Menschen mit Beruf "Sohn/Tochter", die nichts können außer Geld verprassen.
Hier in dieser BRD gibt es Menschen,, die so viel Geld geerbt haben, dass sie es in ihrer kompletten Lebenszeit nicht wieder loswerden können.
All diese Menschen leben auf Kosten anderer.
Nämlich auf Kosten der Menschen, die unter Arbeitshetze und ständigem Lohndruck in den Firmen schuften, die anschließend Gewinne als Dividenden ausschütten.
Sie leben auf Kosten der Menschen, die in dem Betrieb malochen, aus dessen Gewinnen sich die von Beruf "Sohn/Tochter" und Firmenerben ein mehr als fürstliches Leben gönnen.
Sie leben auf Kosten von allen Menschen, die Kredite für ihr Eigenheim abarbeiten und dafür so viel Zinsen zurückzahlen müssen, dass die zurückgezahlte Summe unterm Strich mehr als das Doppelte beträgt.
Zusammengefasst:
All das sind Leute, auf Kosten anderer leben.
Für die alle anderen mitschuften müssen.
DAS sind die Totalverweigerer!!!

Dazu passt und gehört:

Zitat:
NRW-Wohlfahrtsverbände kritisierten Hartz-IV-Strafen
In Nordrhein-Westfalen treffen die Sanktionen pro Monat rund 32.700 Leistungsempfänger. Wohlfahrtsverbände: „Unangemessen, unsozial“.
...
Höhe und Umfang der Leistungskürzungen stehen in keiner angemessenen Relation zur Schwere der Verstöße“, sagt Vorsitzender Christian Heine-Göttelmann.
[Quelle: https://www.nrz.de/politik/nrw-wohlfahrt...d215362793.html]

Und das kann man wohl nur unterstreichen.
Oder ist euch bekannt, dass bei einem verurteilten Mörder oder sonstigen Straftäter als Sanktion die Essensrationen um 30 Prozent gekürzt werden – bis hin zur Vollsanktion?

Gegen Menschen, die im kapitalistischen System keine Arbeitsstelle finden von der sie leben können, werden solche Strafen aber lachend verhängt.
Und das wird dann NICHT als menschenverachtendes Regierungsverbrechen bezeichnet, sondern als "Politik der Mitte".

gastli, der absolut für absolut unangebracht hält in diesem Zusammenhang irgendwie vom Schlaraffenland zu faseln.
Pfiffikus
Zitat:
gastli hat am 21. September 2018 um 07:51 Uhr folgendes geschrieben:
gastli, der absolut für absolut unangebracht hält in diesem Zusammenhang irgendwie vom Schlaraffenland zu faseln.
Wie Du leicht nachlesen kannst, bezog ich dieses Wort "Schlaraffenland" ausschließlich auf Deine eigenwillige Interpretation des Artikels 12 aus dem Grundgesetz. Auf die anderen Teile Deines Beitrages habe ich das keineswegs bezogen. Große Teile Deiner Replik hättest Du Dir also sparen können.

Vor mehr als 10 Jahren, als orca noch "Torsten" hieß, hatte ich meine Interpretation von Artikel 12 GG anhand eines sehr exotischen Berufes schon einmal ins Forum gestellt.


Pfiffikus,
der immer noch der Meinung ist, dass Du diesen Artikel viel zu großzügig auslegen willst
gastli
Randnotiz

So wollen die GRÜNEN Jobcenter entmachten

Die sogenannten Jobcenter sollen nur noch als Vermittler agieren dürfen, nicht aber mehr als auszahlende Behörde.
Und Sanktionen soll es gar nicht mehr geben, sondern stattdessen eine sanktionsfreie Garantiesicherung. Über die Höhe steht nix dabei und bislang ist es auch nur ein Positionspapier und kein Grundsatzprogramm, welches auch nicht vor 2020 fertig wird.
Und selbst wenn, dann wird der gesamte Bereich "Soziales" ohnehin als allererstes in den Koalitionsverhandlungen zum Abschuss freigegeben.

Von daher ist diese Meldung auch nicht höher anzusehen als eine Randnotiz.
gastli
Zitat:
Bundesverfassungsgericht
Bundesregierung verteidigt Hartz-IV-Sanktionen
Wie stark darf der Staat das Existenzminimum kürzen: Diese Frage beschäftigt nun die Verfassungsrichter. Arbeitsminister Heil will Strafen erhalten, um die "zumutbare Mitwirkung" weiterhin einfordern zu können.
[Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziale...-a-1248229.html]

Zusammenfassung von Tag 1 am Bundesverfassungsgericht!
Es war zumindest lustig zuzuhören - wie der Chef der Bundesagentur Scheele sich selbst blamierte und im 2. Teil der Anhörung am Nachmittag - doch tatsächlich behauptete: Die Sanktionen können ja jederzeit aufgehoben werden, wenn der Betroffene seine Pflichten nachholt - gleichzeitig aber darauf beharrte - dass dies keine Ermessensfrage für die Sachbearbeiter sein kann!
Es war bemerkenswert, wie die Regierungsseite sich immer wieder davor drückte, sich der Grundsatzfrage zu den tatsächlichen Konsequenzen - welche sich aus den Sanktionen ergeben, zu stellen!
Noch interessanter wurde es allerdings, als Scheele versuchte eine Gesamtrechnung zu der Anzahl der tatsächlichen Sanktionen aufzumachen.
Ganz ehrlich?
Alles in allem kann man von Tag 1 sagen:
Zeitweise glaubte man im falschen Film zu sein.
Die Regierungsbank hat sich mit Inkompetenz und pauschalen Floskeln blamiert, so das man schon fast den Eindruck bekommen konnte, dass der /die eine oder andere RichterIn sich innerlich über die unsäglichen Argumente von Regierungsseite amüsierte.

Für die Opfer ist es alles andere als amüsant.
gastli
Die Länder Berlin und Bremen haben dem Bundesrat einen Antrag vorgelegt, nach dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Sanktionsvorschriften im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu ändern [BR-Drucksache 358/20].
Dabei sollten unter anderem folgenden Punkte Gegenstand der Gesetzesänderung werden:

- Streichung der Sanktionen für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
- Ausschluss von Sanktionen gegenüber Bedarfsgemeinschaften mit Kindern und Jugendlichen.

Letzten Freitag wurde dieser Antrag abgelehnt [TOP 21]: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/TO/9...topNr=21#top-21

Damit bezieht der Bundesrat menschenverachtend Position.
Sanktionen sollen zur Durchsetzung der kapitalistischen Verwertung und Fortsetzung der Niedriglohnpolitik in dieser BRD weiter aufrechterhalten werden!
Archivar
Wie hat denn Hessen gestimmt? Dort sind die Grünen schließlich mit in der Regierung.
Pfiffikus
Zitat:
gastli hat am 27. September 2020 um 18:29 Uhr folgendes geschrieben:
Dabei sollten unter anderem folgenden Punkte Gegenstand der Gesetzesänderung werden:
... mit anderen Worten ein BGE, welches vor allem unter der Bedingung gezahlt wird, dass der Empfänger nicht arbeiten geht, über die Hintertür einführen.

Generell bin ich ja ein Fan vom BGE. Nur einen wesentlichen Mangel hat diese Petition: Dass dieses BGE nur unter der genannten Bedingung gezahlt werden soll. Das ist volkswirtschaftlich kontraproduktiv. Gerechter wäre , wenn dieses BGE für alle Menschen gefordert würde.
Über die Höhe dieses BGE kann man ja streiten. Angenehm realistisch fällt auf, dass dieses BGE nicht in der unverschämten Höhe gefordert wird, wie es damals eine gewisse Susanne Wiest in einer Petition erreichen wollte.



Zitat:
gastli hat am 27. September 2020 um 18:29 Uhr folgendes geschrieben:
Damit bezieht der Bundesrat menschenverachtend Position.
Kannst Du das mal bitte präzisieren?
Ist das verachtend gegenüber den Menschen, die von der Petitionsforderung ausgenommen wurden, die täglich morgens aufstehen, um zur Arbeit zu gehen und den Gegenwert für das ausgezahlte Geld erarbeiten?
Oder hältst Du es verachtend gegenüber den Menschen, die die oben genannte Bedingung erfüllen?



Pfiffikus,
der Deine Formulierung nicht für präzise genug hält
gastli
Zitat:
Pfiffikus hat am 27. September 2020 um 22:45 Uhr folgendes geschrieben:
Zitat:
gastli hat am 27. September 2020 um 18:29 Uhr folgendes geschrieben:
Damit bezieht der Bundesrat menschenverachtend Position.
Kannst Du das mal bitte präzisieren?


Ich beziehe mich auf die im Antrag der Länder Berlin, Bremen genannten Personenkreise.

- erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben
- Bedarfsgemeinschaften mit Kindern und Jugendlichen.

Wobei ich zusätzlich anmerke, dass jegliche Sanktion, mit der Folge der Kürzung des Regelsatzes und oder der Kosten der Unterkunft menschenverachtend ist.