Hungertod eines 20-jährigen Arbeitslosen wirft Fragen auf
Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen, meinte Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) noch im Juni 2006, als es wieder einmal darum ging, Erwerbslosen neue Daumenschrauben anzulegen. Angesichts der Speyrer Tragödie, bei der ein 20-jähriger Arbeitsloser in seiner Wohnung vor den Augen seiner Mutter verhungert ist, stellt sich die Frage nach einem bedingungslosen Grundeinkommen zum wiederholten Mal. Längst ist erwiesen: Hartz IV macht krank, führt zu Depressionen bei den schikanierten Betroffenen. Der Willkür und der Arroganz des oftmals nicht qualifizierten Personals der "ARGEN" ausgesetzt, ziehen sich immer mehr Erwerbslose, die oft gar keine Chance auf einen regulären Arbeitsplatz haben, in die eigen vier Wände zurück, vegetieren ohne soziale Kontakte dahin. Auf staatliche Hilfe angewiesen, verweigert dieser Staat ihnen jedoch zynisch jegliche Hilfe.
Ob es sich dabei um unterlassene Hilfeleistung per Gesetz handelt, ist wohl nur eine moralische Frage, für die kein Verantwortlicher oder gar Ausführender der Hartz-Gesetze jemals vor einem Gericht stehen dürfte. Sicher ist, es war eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung, die das Gesetz der sozialen Kälte durchgesetzt hat. Die große Koalition hat es "fortentwickelt" unter der Federführung eines Bundesarbeitsministers Franz Müntefering. Wer seine Haut nicht für jeden Hungerlohn zu Markte tragen will, nicht bereit ist, sich als Sklave der Profitgier zur Verfügung zustellen, hat sein Recht, menschenwürdig in diesem Staat zu existieren, verwirkt, so das neue sozialdemokratische Verständnis von Sozialpolitik.
Lieber verhungern als betteln oder stehlen - viele werden darin einen falschen Stolz sehen. Davon kann im Falle der Speyrer Tragödie jedoch keine Rede sein. Zukunftsangst, Depressionen und letztendlich der Wunsch, zu sterben, sind das Ergebnis der von der Politik zu verantwortenden sozialen Kälte. Beharrt Franz Müntefering noch immer auf seiner These, wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen, muss sich die SPD wohl gefallen lassen, dass der Tod künftig auch als Meister der Sozialdemokratie bezeichnet werden muss.
(Linkszeitung) |