Enthemmte Büttel
Tote durch Polizeigewalt
Artikel 102 des Grundgesetzes fasst sich kurz: »Die Todesstrafe ist abgeschafft.« Dies ist, was Strafrecht und Urteilsfindung angeht, zutreffend, ansonsten aber gelogen. Die auf offiziellen Statistiken des Innenministeriums basierende Zählung der Organisation Bürgerrechte und Polizei/CILIP kommt seit 1952 auf 501 Menschen, die von der bundesdeutschen Polizei erschossen wurden. Und auch diese Zahlen sagen nicht die Wahrheit: Vom Jahr 1983 an werden vorsorglich alle Fälle »versehentlicher Tötung« durch Beamte gar nicht mehr erfasst. Auch die vielen hundert Menschen, die im Würgegriff von Polizisten erstickt sind, fließen nicht in die Erhebung ein. Und wenn Bundespolizisten die Schützen sind, wird das ebenfalls nicht mitgerechnet.
Es gibt eine ganze Reihe Faktoren, die es wahrscheinlicher machen, tödlicher Staatsgewalt zum Opfer zu fallen, ohne dass Gerichte eine Exekution anordnen müssen: fehlende deutsche Staatsbürgerschaft, nichtweiße Hautfarbe, politische Renitenz, psychische Erkrankungen, Armut. Kommen mehrere dieser Umstände zusammen, steigt das Risiko, an einer Polizeikugel zu sterben, exponentiell. Diese Toten – wie der in Haft verbrannte Oury Jalloh, die in den Autoverkehr gejagte und überfahrene Antifaschistin Conny Wissmann, die am Freitag in Berlin erschossene Maria B. – werden billigend in Kauf genommen, geahndet wird dies nie: Die Killer tragen Uniform. |