18.08.2018
Tragische Verbindung zwischen zwei Völkermorden
Am 15. November 2017 verstarb eine der großartigsten und inspirierendsten Persönlichkeiten Europas im Alter von 82 Jahren. Professor Giuseppe Laras war bis zu seinem Tod Oberrabiner von Mailand und vormals von Ancona und Livorno. Darüber hinaus gilt er als wichtigste jüdische Persönlichkeit im Italien nach dem Zweiten Weltkrieg. Was können wir von ihm lernen, fragt unser Autor J. T. Baranyan.
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“Der Frieden ist kein abstraktes Konzept, er ist kein statisches Konzept und auch kein negatives Konzept, das einfach die Abwesenheit des Krieges erklärt. Er ist ein konkretes, praktisches, positives und dynamisches Konzept.”
“Die Welt wird von drei Dingen aufrechterhalten, von der Gerechtigkeit, der Wahrheit und dem Frieden. All dies sind Konzepte, deren Realisierung praktische und dynamische Anstrengung erfordert.”
Am 15. November 2017 verstarb eine der großartigsten und inspirierendsten Persönlichkeiten Europas im Alter von 82 Jahren. Professor Giuseppe Laras war bis zu seinem Tod Oberrabiner von Mailand und vormals von Ancona und Livorno. Darüber hinaus gilt er als wichtigste jüdische Persönlichkeit im Italien nach dem Zweiten Weltkrieg. Sein Engagement brachte ihm dort den Beinamen „Champion der jüdisch-christlichen Aussöhnung“ ein.
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Bereits der Titel lässt aufhorchen. Ins Deutsche übersetzt lautet er:
„Die tragische Verbindung zwischen dem Völkermord an den Armeniern und der Shoah ist die „Islampolitik“.
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Juden und Überjuden
JUDEN UND ÜBERJUDEN – Dieser wahnhafte, antisemitische, und wie wir im Folgenden sehen werden auch antiarmenische Titel, war von den neunziger Jahren des 19.Jahrhunderts bis zum Nationalsozialismus Normalität deutscher Politik, Kultur und Medien. Dies ist genug, um die Bedeutung und die Kostbarkeit der großen Ausstellung über den Völkermord an den Armeniern, Metz Yeghern, zu verstehen, die am 27. April 2017 im Holocaust-Mahnmal in Mailand eingeweiht wurde.
Die Islampolitik, die Kaiser Wilhelm II. ökonomisch, strategisch und kulturell verfolgte, brachte eine Gleichschaltung der Presse mit sich, die in antiarmenischen und protürkischen Stereoptypen zum Ausdruck kam. Dabei wurden schlichtweg bekannte, antisemitische Botschaften auf das uralte christliche Volk übertragen. Eine der ganz wenigen Ausnahmen bildete damals die Frankfurter Zeitung, die von den beiden deutschen Juden L. Sonneman und H.B. Rosenthal gegründet worden war. Sie fiel dadurch auf, dass sie, entgegen der totalitären Staatsdoktrin und des ebenso gearteten Zeitgeists, Partei für die Armenier ergriff.
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Um die Gräueltaten des Bündnispartners zu glorifizieren, griff man auf das alte Feindbild der Juden zurück und stellte die Armenier als ihre Steigerung dar. Man stilisierte sie zu „Überjuden“.
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Die deutsche Islampolitik war bereits Komplize der mörderischen Maßnahmen des „Roten Sultans“, des berüchtigten Sultan-Kalifen Abdülhamid II. (1894-1896), die einige Jahre später unter deutschem Schweigen, Mitwisser- und Mittäterschaft im Völkermord an den Armeniern fortgeführt wurde. Schließlich gab es eine finstere Neuauflage dieser Allianz durch die Verschmelzung zwischen Mussolini, Hitler und verschiedenen dschihadistischen Bewegungen, die sich seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts aus dem, mit nationalsozialistisch-faschistischen Elementen verschmolzenen, politischen Islam heraus entwickelten, und bis in unsere Tage eine geradezu pandemische Ausbreitung erreicht haben.
Lewis Einstein, ein jüdischer US-Diplomat an der Botschaft in Istanbul, schrieb im Jahr 1917 in einem Augenzeugenbericht:
„In diesem Krieg des Schreckens, muss die Vernichtung der Armenier der ultimative Horror bleiben. Nichts ist so scheußlich wie die geplante Vernichtung eines Volkes. Und auch die deutschen Bürokraten können sich ihrer furchtbaren, zustimmenden Rolle bei diesem Verbrechen nicht entziehen."
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Abschließend merkt Aaronsohn an: „Die Massaker an den Armeniern sind das Ergebnis einer sorgfältig geplanten Aktion durch die Türken, und die Deutschen werden sicherlich für immer mit ihnen die Schande dieser Taten teilen müssen.“
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Juden und Armenier: Zwei absolute Minderheiten
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Die „unverdauliche Frucht des „Armenierjudentums der USA“
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In den letzten beiden Fällen spielten islamische Verbündete der Deutschen leider wichtige Rollen und waren aktiv beteiligt. Im Rahmen der deutsch-osmanischen bzw. deutsch-türkischen Waffenbruderschaft im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden die Hamidischen Massaker und später der Völkermord an den Armeniern unterstützt und gerechtfertigt.
Trotz aller Instabilität, Widersprüchlichkeit und grausamen Unterwerfung wurden diese Menschheitsverbrechen von einer unumstößlichen Allianz aus Panislamismus des Sultans Abdülhamid II., dem späteren Nationalismus der Jungtürken und der deutschen Obrigkeit sowie ihren Institutionen vor Ort, wie z.B. der „Deutschen Militärmissionen im Osmanischen Reich“, begangen.
Es ist kein Zufall, dass der jüdische Schriftsteller Franz Werfel, ein Freund Kafkas, sein erfolgreichstes Buch im Jahr 1933 schrieb. „Die Vierzig Tage des Musa Dagh“ ist eine zeitlose Ehrerweisung an den Völkermord, der an den Armeniern begangen wurde, und an ihre verlassenen Waisen im Nahen Osten. Das Buch von Werfel wurde im Jahr 1934 in Deutschland verboten. Um die Rolle die, auf das Grausamste inspirierende, Vorreiterrolle des Völkermords an den Armeniern für die Nazis zu verstehen, muss beachtet werden, dass Werfels Buch dem Schwarzen Korps der SS als „unverdauliche Frucht des Armenierjudentums der USA“ galt!
Das wilhelminische Deutschland war das kulturell lebendigste Land im Westen, so dass Völkermorde bei drei Gelegenheiten paradoxerweise von Modernität und kultivierter Zivilisation begleitet wurde. Die deutsche Kultur war eine philosophisch und musikalisch. In den deutschen Fakultäten nährten sich Philosophie und Theologie seit Jahrhunderten gegenseitig. Eine tödliche und mörderische Metastasierung ist daher in jenem philosophischen, politischen und theologischen Gedankengut latent, das von Luther über die Idealisten zu Friedrich Naumann, über die Väter der Weimarer Republik und zu Adolf von Harnack, Carl Schmitt und Martin Heidegger vertreten wurde.
So kam es dazu, dass mit deutschem Wohlwollen und Unterstützung, türkische und kurdische Peiniger, wiederholt und nicht zum letzten Mal, im Rahmen ihres Dschihad 1,5 Millionen Armenier sowie hunderttausende von assyrischen Christen, Pontos-Griechen und Angehörige anderer nicht-muslimischer Minderheiten verfolgten und töteten. Die Leiden der armenischen Frauen und Kinder waren schrecklich. Über sie ergingen Sklaverei, Menschenhandel, Zwangsislamisierung, Folter und sogar Kreuzigungen.
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Deutsche „Islampolitik“ von einst,
ist deutsche „Islampolitik“ der Gegenwart
Leider sind Laras‘ Worte weiterhin hochaktuell und weit mehr als eine bloße Schlussfolgerung, die sich aus historischen Zusammenhängen ergibt. Es scheint als erlebten diese Zusammenhänge aktuell eine Art beschämender Renaissance.
Mirza Ismail gab der freien Journalistin und Nahostexpertin Rachel Avraham im Mai 2017 ein bemerkenswertes Exklusivinterview.
Der Gründer und Präsident der yezidischen Menschenrechtsorganisation „Yezidi Human Rights Organization-International“ äußerte damals folgende mahnende Worte gegenüber der Autorin von "Women and Jihad: Debating Palestinian Female Suicide Bombings in the American, Israeli and Arab Media“ :
“Was ist mit den Juden, Yeziden, Christen und den anderen Minderheiten passiert?
Sie lebten bereits tausende von Jahren vor dem Aufstieg des Islam im Irak, aber nun befinden sie sich am Rande einer totalen Vernichtung. Wir sind Menschen.
Es gibt keinen Unterschied zwischen irgendwelchen Arten von Menschen.
Die UNO sagt, jeder sollte gleiche Rechte und Freiheiten haben. Wo sind unsere gleichen Rechte und Freiheiten?
Schon im Jahr 2008 suchte unsere yezidische Menschenrechtsorganisation, zusammen mit den assyrischen Christen, nach Unterstützung für eine autonome Region für die Christen und Yeziden in Sindschar.
Würde der Westen Druck auf Saudi-Arabien und andere muslimische Staaten ausüben, könnte das Problem gelöst werden.
Einst schwieg die Welt, als sechs Millionen Juden massakriert wurden. Dasselbe passiert jetzt wieder. Die Yeziden schreien nach internationaler Hilfe. Niemand im Westen gibt ihnen Waffen, um sich gegen die islamischen Terroristen zu wehren. Während sie behaupten, ihr Bestes zu tun, unterstützen sie muslimische Extremisten gegen uns.“
Angesichts der Worte Ismails sollten wir an das Zitat denken, das diesen Text einleitet, denn das Schicksal der Yeziden ähnelt auf tragische Weise der Beschreibung der Gräuel an den Armeniern im Ersten Weltkrieg, wie sie Aaronsohn dokumentierte.
Und auch beim völkerrechtswidrigen Einmarsch der Türkei in die kurdische Enklave Afrin in Nordsyrien wurden wieder Yeziden, Armenier und Assyrer vertrieben, die dort Schutz gefunden hatten. Kurdische Quellen berichten darüber hinaus dieser Tage von gezielten Übergriffen und Zwangsislamisierung durch türkische Truppen und ihre verbündeten, dschihadistischen Milizen.
Und was macht der SPD-Außenminister a.D., Sigmar Gabriel?
Er fordert im Rahmen eines Gastbeitrags im Tagesspiegel die Bundesregierung dazu auf, der Türkei „weiter Angebote zu machen“ und sie „weiterhin geopolitisch „einzubinden“, damit sie sich nicht in Richtung Russland orientiert!
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