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Braunes Wahlgetöse
Rechte Kleinparteien setzen auf Provokationen gegen Migranten und Linke. »Pro Deutschland« will auch vor Redaktionsräumen von junge Welt, ND und taz aufmarschieren
Von Markus Bernhardt
Insgesamt 34 Parteien treten am 22. September zur Wahl des 18. Deutschen Bundestages an. Neben den etablierten Parteien bewerben sich auch verschiedene rechte und offen neofaschistische Gruppierungen um Sitze im Parlament. So finden sich auf dem Wahlzettel die vom bundesweit aktiven Neonazikader Christian Worch gegründete Partei »Die Rechte« sowie die bereits in den Landtagen von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern vertretene NPD. Darüber hinaus treten auch die rechten Splitterparteien »Pro Deutschland«, »Die Republikaner«, die »Partei Bibeltreuer Christen« (PBC) und die »Alternative für Deutschland« (AfD) zur Wahl an.
Besagte Parteien eint, daß das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde und somit ein Einzug in den Bundestag für sie nahezu ausgeschlossen ist. Um überhaupt die Aufmerksamkeit der Wähler auf sich zu lenken, setzen die Splittergruppen daher offen auf Provokation. So will die neofaschistische NPD in den kommenden Wochen im Rahmen einer sogenannten Deutschlandfahrt in etwa 100 Städten Kundgebungen abhalten. In der Vergangenheit fanden sich dabei jedoch oftmals nur knapp ein Dutzend Neofaschisten ein, während die Anzahl der Gegendemonstranten um ein Vielfaches höher war. So etwa vor wenigen Tagen in Dortmund und Leipzig, wo die Faschisten unter dem peinlich anmutenden Motto »Maria statt Scharia« aufmarschiert waren.
Auch die rassistische Splitterpartei »Pro Deutschland« setzt ihre sattsam bekannte Strategie fort und buhlt mittels einer großspurig angekündigten Kundgebungsserie vor Moscheen und linksalternativen Treffpunkten um öffentliche Aufmerksamkeit. Das Prinzip ist dabei stets das Gleiche: Wortgewaltig kündigen die »Pro«-Rechten Proteste gegen eine angebliche »Islamisierung« Deutschlands und eine von ihnen herbeifabulierte »linke Gewalt« an, an denen dann tatsächlich nur wenige Dutzend Parteianhänger teilnehmen. In der Vergangenheit wurden Mitglieder von »Pro Deutschland« sogar mit eigens angemieteten Kleinbussen von Kundgebungsort zu Kundgebungsort gekarrt.
Am morgigen Mittwoch wollen die selbsternannten Kulturkrieger erneut eine solche Tour starten. Bis zum Vorabend der Bundestagswahl wollen sie vor Flüchtlingseinrichtungen, Moscheen, Kulturzentren von Migranten und linksalternativen Gruppen provozieren. Betroffen sind in Berlin auch die Redaktionen der Tageszeitungen junge Welt, Neues Deutschland und taz sowie das Karl-Liebknecht-Haus, Zentrale der Partei Die Linke. Dort wollen die extremen Rechten am Donnerstag auflaufen. Darüber hinaus sind das »Rote Zentrum« in Göttingen, die »Linken Zentren« in Düsseldorf und Stuttgart, das »Unabhängige Jugendzentrum« in Hannover sowie der »Infoladen« in Magdeburg von der neuerlichen Provokation betroffen.
Am 29. August will »Pro Deutschland« dann in Duisburg vor der Merkez-Moschee und vor Häuser ziehen, in denen seit einigen Monaten Sinti und Roma aus Bulgarien und Rumänien leben. Hier docken die extremen Rechten zunehmend an den ausgeprägten Rassismus der sogenannten politischen Mitte an. In Essen lobte »Pro NRW« erst vor wenigen Tagen das Vorgehen des Sozialdezernenten Peter Renzel (CDU) als »vorbildlich«, da es »die Anreize zur Einwanderung von Armutsmigranten verringere«. Um den Zuzug weiterer Roma-Familien zu bremsen und das Leben in der Stadt so unattraktiv wie möglich zu gestalten, hatte die Sozialverwaltung ein Konzept vorgelegt, in dem vorgeschlagen wird, Asylbewerbern zukünftig über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten nur Sachleistungen, jedoch kein Bargeld zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollen Flüchtlinge in den ersten Monaten nach ihrer Ankunft in einer sogenannten »kommunalen Erstaufnahmeeinrichtung« interniert werden (jW berichtete). Nach Protesten von Flüchtlingsinitiativen und Kirchen wurde die Abstimmung über dieses »Konzept«, die ursprünglich schon im Juli stattfinden sollte, auf die Zeit nach der Sommerpause verschoben.
Essens Sozialdezernent Renzel hingegen fühlt sich offenbar ob des Lobes von Rechtsaußen ertappt. Gegenüber der Lokalpresse forderte er »Pro NRW« auf, »weder mein Konzept noch meinen Namen mit ausländerfeindlichem Gedankengut in Verbindung zu bringen«. Hingegen konstatierte Karla Brennecke-Roos, SPD-Lokalpolitikerin und Vorsitzende des Sozialausschusses, daß es »Passagen in dem Konzept« gäbe, »die den Rechten zupaßkommen« würden.
Quelle; Junge Welt
Dieser Beitrag wurde 1 mal bearbeitet, zum letzten Mal von Bernhard P.: 20.08.2013 10:08.
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