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Original von spidy
... aber da zu viele Menschen in Deutschland sich von der Politik blenden lassen und daran Glauben das es sie nicht betreffen kann wird es keine Änderung geben. |
Ich teile Deine Kritik bzw. Schelte an einem großen Teil der Bevölkerung nicht oder nur begrenzt. Und ein großer Teil der Bevölkerung ist sich meiner Meinung nach bewußt, daß auch er von unangenehmen Dingen oder Veränderungen betroffen werden kann. Politische Auffassungen können meines Erachtens nach nicht nur an der eigenen Situation ausgerichtet werden. Das wäre auch eine Form von Egoismus.
Blender, von denen ich in meinem vorausgegangenen Beitrag schrieb, sehe ich nur zu einem Teil in der Regierung.
Ich erinnere mich noch an den Wahlkampfautritt der damaligen Kanzlerkandidatin und jetzigen Bundeskanzlerin in Gera (nebenbei bemerkt erinnere ich mich auch noch gut an den Auftritt einer Gruppe der Montagsdemonstranten). Hier wurden keine schöne Versprechungen gemacht, sondern eine Beschreibung der Situation in Deutschland abgegeben, notwendige Schritte und Ziele genannt und zum Beispiel eine Mehrwertsteuererhöhung angekündigt.
Die SPD machte 2005 massiv Wahlkampf gegen die "Merkelsteuer" ("Merkelsteuer das wird teuer"). Nach der Wahl hat sie sogar drei Prozentpunkte Mehrwertsteuererhöhung mitbeschlossen. 1998 hatte sie den Menschen im Wahlkampf unter anderem erzählt, daß der von der CDU eingeführte demographische Faktor in der Rente unsozial sei und abgeschafft werde. Heute müssen Rentner viel höhere Renteneinschnitte hinnehmen. Die Zuzahlungen von Patienten, die die CDU eingeführt hatte, sollte um 1 DM reduziert werden. Heute müssen Patienten weitaus mehr zuzahlen. Gerhard Schröder damals: "Wenn wir es nicht schaffen, die Arbeitslosigkeit spürbar zu senken, dann haben wir es nicht verdient wiedergewählt zu werden." Während der rot-grünen Regierungszeit stieg die Arbeitslosigkeit deutlich. "Mehr als 6 Pfennig Ökosteuer sind mit mir nicht zu machen" erklärte Gerhard Schröder. Was daraus wurde, wissen die Autofahrer. Im Wahlkampf 1998 trat Oskar Lafontaine mit großen Worten in Gera in der Humboldstraße auf (ich war dabei). Gerhard Schröder wurde Kanzler und Oskar Lafontaine verließ nach kurzer Zeit das Kabinett.
Die SPD hat sich für mich seit 1998 mit mehrfachen konkreten Blendungen und Täuschungen der Wähler für die nächste Zeit disqualifiziert (bis dahin gehörte ihr meine Stimme). Ich habe nicht nur ein Kurzzeitgedächtnis. Mit diesen Mitteln hat Herr Schröder das Kanzleramt erorbert, eine Wiederwahl 2002 erreicht (hier kam ihm noch die Oder-Flut und der Irak-Krieg zu Hilfe) und 2005 eine Regierungsbeteiligung der SPD in der jetzigen großen Koalition gerettet.
Die noch größeren Blender sitzen für mich allerdings in der Bundestagsfraktion aus Linkspartei und WASG. An deren Spitze der große Rhetoriker Oskar Lafontaine und das Showmultitalent Gregor Gysi. Alleine die beiden können nur mit ihrer persönlichen Ausstrahlung größere Menschenmengen begeistern. Gepaart mit schönklingenden politischen Zielen und Vorstellungen erreicht man damit einen nicht geringen Wähleranteil. Die Umsetzbarkeit und Nachhaltigkeit der Vorstellungen wird vom begeisterten Publikum und Klientel nicht kritisch hinterfragt - wozu auch? Mit einer Konstruktion aus PDS aus WASG schaffte man es, daß auch die WASG zur Bildung einer größeren Fraktion im Bundestag verholfen hat, obwohl sie mit 4,9 Stimmanteil in den alten Bundesländern eigentlich an der 5%-Hürde gescheitert wäre.
Diese Bundestagsfraktion ist der Grund, warum wir eine große Koalition in Deutschland haben. Sie kann und will mit anderen Parteien nicht koalieren, daß heißt Regierungsverantwortung übernehmen. Ohne diese Fraktion hätten wir eine rot-grüne oder schwarz-gelbe Koalition oder noch eine andere Regierungskoalition. Was die Fraktion mal wieder erreicht hat, ist Blockierung von Mehrheiten im Parlament, Opposition, Destruktion. Das parlamentarische System wurde erfolgreich gestört, hurra! Mal sehen, wie weit wir es auf diesem Wege noch bringen. Die soziale Lage von Menschen ist die Basis für unsere Erfolge. Das kommt mir irgendwie bekannt vor.
In Berlin stellt sich die PDS zusammen mit der SPD Regierungsverantwortung. Wirtschaftssenator Gysi warf nach kurzer Zeit das Handtuch. Hier muß die PDS erkennen, daß es mit schönen Worten und Idealen nicht getan ist, sondern in Regierungsverantwortung das Notwendige getan werden muß. Ob sie das Richtige tut, weiß ich nicht. Für das was sie tut, wird sie nun von der Berliner WASG als "neoliberal" bezeichnet und die nicht in Regierungsverantwortung befindliche Berliner WASG distanziert sich von der PDS.
Schein und Wirklichkeit sind offenbar nicht dasselbe. Wahrheiten und Notwendigkeiten sind manchmal unbequem. Mit Blendungen lassen sich allerdings leichter Wählerstimmen erzielen.
Adolf Hitler war meiner Meinung nach der größte Blender in Deutschland und in vergleichbarer Weise sollten sich die Deutschen nie wieder blenden lassen und zu einer Abkehr von einer demokratischem Ordnung zu einer Diktatur verleiten lassen! Auch nicht zu einer weniger schlimmen Diktatur als der des dritten Reiches.
(Dieser Beitrag stellt meine persönliche Meinung dar und ist keine Kopie eines anderen Beitrags oder von Ausschnitten aus anderen Beiträgen. Dieser Hinweis scheint mir aufgrund anderer Beiträge hier im Forum angebracht.)