Streiks bei der Bahn - Streik der Lokführer

ChrisMcD
Was passirt eigentlich wenn die Bahn nicht nachgibt und dadurch Milliarden von Verlusten einfährt?
Simson
Drohende unmittelbare Milliardenverluste für die Deutsche Bahn AG sehe ich nicht, allerdings eventuell volkswirtschaftliche Schäden in solch einer Höhe bei längeren Streiks im Güterverkehr. Betriebe, bei denen Zulieferungen ausbleiben, müssten Mitarbeiter eventuell auf Kurzarbeit setzen. Die Gefahr von Aussperrungen sehe ich derzeit noch nicht gegeben.

Nach meinen Schätzungen liegen die Lohnkostenaufwendungen für die etwa 20.000 Lokführer bei der Deutschen Bahn AG bei über 500 Millionen Euro im Jahr.

Eine Einkommenserhöhung von 4,5 % für die Lokführer, wie für andere Bahnmitarbeiter mit den Gewerkschaften Transnet und GDBA vereinbart, würde für die Deutsche Bahn AG mehr als 22 Millionen Euro im Jahr höhere Lohnkostenaufwendungen für ihre Lokführer bedeuten. Höhere Einkommenserhöhungen entsprechend mehr.
Hugo
Zitat:
ChrisMcD hat am 03. November 2007 um 19:19 Uhr folgendes geschrieben:
Was passirt eigentlich wenn die Bahn nicht nachgibt und dadurch Milliarden von Verlusten einfährt?

Das Unternehmen "Die Bahn" ist ein Dienstleistungsunternehmen. Es erwirtschaftet (im günstigsten Fall) seinen Gewinn dadurch, dass es Dienstleistungen gegen Bezahlung für seine Kunden erbringt. Zum einen bringt es Kunden, die Fahrgäste pünktlich und zuverlässig von hier nach da. Zum anderen bringt es für Kunden, die Spediteure Waren von hier nach, pünktlich und zuverlässig.
Durch den Streik ist das Unternehmen unzuverlässig geworden, was zur Folge hat, dass die Kunden abspringen. Die Fahrgäste steigen um auf das private Auto, die Spediteure befördern ihre Waren per LKW. Es wird mehr Umweltdreck in die Luft geblasen und wegen des erhöhten Verkehrsaufkommens wird der Sprit teurer – Angebot und Nachfrage regelt den Preis. Von wegen: Güter auf die Schiene! Das Gegenteil ist nun der Fall. Die Autobahnen sind voller von LKWs denn je und wer je an einem Freitag von Süden nach Norden gefahren ist, weiß jetzt, womit die Pendler fahren.
Wenn die Kunden wegbleiben, kann das Unternehmen nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Das heißt, es müssen Einsparungen erfolgen – was meist den Personalbereich betrifft. Oder es werden Strecken stillgelegt. Für stillgelegte Strecken braucht man kein Personal mehr – auch keine Lokführer.
Ist noch niemand auf den Gedanken gekommen, dass diese Streiks eventuell ein Sägen an dem Ast bedeuten, auf dem die Streikenden sitzen? Von der vermehrten Umweltbelastung mal ganz abgesehen ……
gastli
Genau, um Himmels Willen niemals streiken.
Simson
Wenns angebracht ist und nicht anders geht, dann schon.
Hugo
... aber mit Maß und Verständnis.
gastli
Ich finde der Streik der Lokführer ist mehr als angebracht. Das Verhalten der Bahn - gerichtlich gegen Streikrecht vorgehen, lächerliche Angebote, fehlende Fairness - zeigt auch das es nicht anders geht.
Hugo
Ich habe es schon an anderer Stelle hier gesagt: Wenn durch einen Steik ein Unternehmen DIREKT getroffen wird, ist das ok. In diesem Fall aber wird der Streik auf dem Rücken von Fahrgästen und Spediteuren ausgetragen, die ihrerseits nun auf die Straße ausweichen. Da sollte sehr wohl Verantwortungsgefühl und Maß gefragt sein.
Herasun
Zitat:
Hugo hat am 03. November 2007 um 21:03 Uhr folgendes geschrieben:
Ist noch niemand auf den Gedanken gekommen, dass diese Streiks eventuell ein Sägen an dem Ast bedeuten, auf dem die Streikenden sitzen? Von der vermehrten Umweltbelastung mal ganz abgesehen ……


Doch, @ Hugo, du bist z.B. auf den Gedanken gekommen.
Die vermehrte Umweltbelastung scheint in den Vorständen der Bahn so ziemlich keinen zu interessieren,da gebe ich dir Recht.
Wofür also sollte man Verständnis aufbringen?
Simson
Den Erfolg oder Mißerfolg eines Arbeitskampfes und damit auch seine Berechtigung wird man wohl erst beurteilen können, wenn er mit einem konkreten Ergebnis beendet wurde. Die Auswirkungen eines ausgetragenen Arbeitskampfes und die längerfristigen Wirkungen eines erreichten Ergebnisses werden eventuell erst später sichtbar.

Ich hatte von Anfang an grundsätzliche Zweifel an der Strategie und am Vorgehen der GdL. Aber im Wechselspiel zwischen den Tarifpartnern sehe ich momentan die GdL als die besonnenere Seite an.
Zwötzner
na ganz einfach momentan ist ja noch der Bund noch Miteigentümer ,was glaubst du wohl wer die Zeche zahlt?
Jetzt schlägt die Stunde der Dritten diese könnten im Notfall die Züge fahren,und außerdem sind nicht alle Lokführer in der GDL,für mich ist das nur winseln auf hohen Niveau der Politiker.
Ich sehe viel mehr Probleme mit der Privatisierung auf uns zu kommen,denn dann wird dem Kahlschlag Tür und Tor geöffnet.Alles was keinen Profit bringt geht dann schön einer Stillegung entgegen und der Bund ist fein raus er hat sich durch Hintertürchen aus der Verantwortung geschlichen,das Grundrecht auf Beförderung.Da es ja eine AG ist und kein Staatsbetrieb ,der hoheitliche Aufgaben zu erfüllen hat.Wäre es noch Staatsbetrieb dann hätten wir die Probleme nicht,sie sind also Hausgemacht.
Man braucht sich doch nur mal Gera anzuschauen,es ist zwar alles neu,trotzdem ist es nur eine Erdanschüttung und kein Bahnhof der Fernverbindungen hat.Es verkehren nur niederrangige Züge.
Ich erinnere mich noch an Zeiten da fuhr mal der Karlex,es gab eine Verbindung Dresden - Eisenach Direktverbindung bis Binz ohne umzusteigen und nicht zu vergessen die Berliner Direktverbindungen.Also Gera hat schon bessere Zeiten gesehen,im Fernverkehr.
Wenn ich einmal im Auto sitze werde ich nicht in Jena, Erfurt,Saalfeld oder gar Leipzig in den ICE umsteigen,wovon träumt der Bahnvorstand eigentlich Nachts.

Mfg

Zwötzner
kritiker
Zitat:
Hugo hat am 03. November 2007 um 21:19 Uhr folgendes geschrieben:



... aber mit Maß und Verständnis.

mit dem maß der blutsauger?
U.Walluhn
Ich denke um den Streik der Lokführer richtig verstehen zu können, muss man Tiefenwissen zum Thema besitzen. Dies lässt sich in einem Forum allerdings schon aus Zeitgründen nicht vermitteln. Ich versuche dennoch ein paar Gedankenansätze. Vor der ersten Stufe der Bahnreform 1994 war die Bahn noch eine richtige Eisenbahn. Der Lokführer ging zum Dienst in sein nahe gelegenes Bahnbetriebswerk, übernahm dort die Lokomotive, versah seinen Dienst und kehrte wieder nach Hause zurück. Heute ist das anders. Die Bahnbetriebswerke, wo einst die Lokomotiven und Triebwagen stationiert waren, gibt es nicht mehr. Viele dieser Werke sind längst geschlossen, siehe Gera Hbf., Werdau, Greiz, Reichenbach, Adorf, Aue, Glauchau, Altenburg, Zeitz, und und und. Der Lokführer tritt heute sehr häufig seinen Dienst weitab der heimatlichen Wohnung an. Er hat lange Wege vom und zum Dienst. Ich kenne persönlich Fälle, wo Lokführer aus Reichenbach (Vogtland) bis Dresden mit dem eigenen PKW zum Dienst müssen. Ähnlich schaut es in Erfurt aus, Dienstantritt in Leipzig. Oft reichen die Ruhezeiten zwischen zwei Schichten nicht zur Heimfahrt. Nicht wenige Lokführerkollegen verfahren für 500, 600, 700, 800 Euro im Monat Benzin im eigenen PKW! Die Anfangseinkommen sind bescheiden gering. Junge Kollegen mit solchen Dienstwegen kommen kaum mit dem Geld zurecht. Hinzu kommen Sonderschichten über Sonderschichten. Es gibt Kollegen, die "schieben" 5000 und mehr Überstunden vor sich her, die sie zeitlebens niemals mehr abbummeln können werden. Hinzu kommen oftmals unzureichende Arbeitsbedingungen. Keine Kantinen mehr unterwegs, keine Versorgung mit warmer Mahlzeit. Schlechter technischer Zustand der Fahrzeuge und Anlagen. Dauernde Störungen. Keine Fahrdienstleiter mehr vor Ort, nur noch Betriebszentralen (Leipzig, Berlin). Verständigung nach dort per Handy oder Funk ist oft ein Krampf. Wenn die GDL für die untersten Gehaltsklassen nun 31 % mehr fordert, ist dies nur zu verständlich. Ein Lokführer hat Verantwortung für 1000 und mehr Reisende! Hut ab vor der GDL! Endlich mal wer, der sich nicht duckt und wirklich die Interessen seiner Mitglieder durchsetzt!
Bernhard P.
Ich habe zwar nicht die Fachkompetenz über die Eisenbahn wie Herr Walluhn aber die Zustände bei der Eisenbahn müssen derzeit katstrophal, wie überall im Lande, sein. Die Streiks sind nur allzu berechtigt und ich wünsche nir das ein Generalstreik das gesamte Land lahm legt damit die Leute endlich mal aus ihrem politischen Dornröschenschlaf aufwachen.

So kann es im Lande jedenfalls nicht weitergehen wie derzeitig.
Simson
Zitat:
BAHN-TARIFSTREIT

GDL widerruft Streik-Absage ihres Chefs

Das Chaos im Tarifstreit bei der Bahn wird immer größer. Erst meldete die "Süddeutsche Zeitung", GDL-Chef Schell habe angekündigt, auf Streiks in der kommenden Woche zu verzichten. Jetzt zog die Gewerkschaft die Äußerung wieder zurück.


weiter im SPIEGEL ONLINE-Artikel vom 04.11.2007
Zwötzner
Werter Herr Walluhn
ich glaube das 36 Jahre genug Tiefenwissen sind.
Pfiffikus
Hallo mcbernie,

Zitat:
mcbernie hat am 04. November 2007 um 19:07 Uhr folgendes geschrieben:

ich wünsche nir das ein Generalstreik das gesamte Land lahm legt ...

nur mal zur Erinnerung: hier geht es um eine TARIFauseinandersetzung, nicht mehr und nicht weniger.

Und zu diesem Zwecke ist ein Generalstreik völlig fehl am Platze!


Pfiffikus,
der daran erinnert, dass sich ein Streik gegen den Arbeitgeber und nicht gegen die Kundschaft zu richten hat
Zwötzner
@Pfiffikus das läßt sich nun mal bei der Eisenbahn nicht vermeiden,das es auch Kunden trifft.
sag nicht Tarifstreit dazu Augsburger Puppenkiste oder Muppets Show trifft es wohl eher.
Die Herren Triebfahrzeugführer sollten wohl mal bei Ihren Französischen Kollegen in die Lehre gehen,vielleicht lernen sie dann mal Rückrat zu zeigen.

MFG

Zwötzner
Simson
Zitat:

TARIFSTREIT

Bahn lässt es auf neue Streiks ankommen

Klare Absage des Bahn-Vorstands: Das Unternehmen will den Lokführern definitiv kein neues Angebot vorlegen. Damit sind Streiks im Güterverkehr schon am Donnerstag so gut wie sicher.


weiter im SPIEGEL ONLINE-Artikel vom 06.11.2007
Pfiffikus
Zitat:
Zwötzner hat am 04. November 2007 um 23:17 Uhr folgendes geschrieben:

@Pfiffikus das läßt sich nun mal bei der Eisenbahn nicht vermeiden,das es auch Kunden trifft.

wenn du es so formulierst, ist das völlig falsch.
Du hast wahrscheinlich nocht das ganze Thema hier gelesen. Ich schrieb bereits mehrmals, dass auch bei der Eisenbahn ein Streik möglich ist, der den Arbeitgeber, jedoch nicht die Kundschaft trifft.

Für dich noch einmal: Es reichte völlig aus, wenn die Angestellten an den Fahrkartenschaltern und die Wechselgeldnachfüller der Automaten in den unbefristeten Streik treten würden. (Ob die Zugbegleiter partiell streiken dürfen, also sicherheitsrelevante Dinge wie Abfahrsignale geben, jedoch auf das Kontrollieren der Fahrkarten streikend verzichten, das weiß ich jetzt nicht.) Die Bahn wär in der Lage, die kompletten Verbindungen aufrecht zu erhalten. Kein Kunde würde durch den Streik beeinträchtigt. Aber der Arbeitgeber würde durch manglnde Einnahmen getroffen.
Wird aber leider nicht praktiziert. Vielmehr nimmt man lieber unschuldige Kunden als Geiseln.


Hättest du geschrieben: "das läßt sich nun mal beim Streik der Lokführer nicht vermeiden,das es auch Kunden trifft.", so hätte ich dir eher zustimmen können. Und hier liegt leider der Hase im Pfeffer. Es hat sich leider ergeben, dass die Eisenbahner keine einheitliche Tarifgemeinschaft bilden, sondern dass sich die Berufsgruppen einzeln vertreten. Das muss sich schleunigst ändern!
Mag sein, dass die in letzter Zeit aufgetretenen zusätzlichen Aufwendungen der Lokführer, wie sie Herr Walluhn beschrieben hat, eine erhebliche Lohnerhöhung rechtfertigen würden. Um das zu beurteilen, fehlt mir die Detailkenntnis. Deshalb will ich an dieser Stelle auch nichts darüber schreiben. Sollte das so sein, so wäre eine andere Einstufung der Lokführer in dem vorhandenen Tarifvertrag das Richtige.

Aber es darf nicht dazu kommen, dass die Lokführer einen eigenständigen Tarifvertrag bekommen. Denn würde es so kommen, so wäre kaum auszuschließen, dass die einzelnen Sparten-Tarifverträge unterschiedliche Laufzeiten bekommen. Und wie geht es dann weiter, wenn jede Sparte einen eigenen Tarifvertrag bekäme? Dann müssten alle zwei oder drei Jahre diese Einzelverträge neu verhandelt werden. Zuerst legt ein Streik der Stellwerker das Netz für einige Wochen lahm. Anschließend streiken die Gleisbauer. Wenn die fertig sind, könnten die Zugbegleiter streiken. Achja, das Reinigungspersonal will auch einen eigenen Tarifvertrag und hält dafür ebenfalls einen Streik für angemessen. Die Schlosser in den Bahnwerkstätten erstreiken sich ihren eigenen Tarifvertrag. Und jedesmal würden diese Streiks zulasten der Kundschaft gehen.
NEIN DANKE!


Pfiffikus,
dem es vor solchen Spartentarifverträgen graust