Adeodatus
Zitat: |
10-Mio-Loch absehbar: Gera droht Zahlungsunfähigkeit zum Jahresende
Gera. Aktuell sei es um den Haushaltsvollzug in der Stadt Gera noch "ziemlich gut" bestellt, berichtete am Montagabend die Kämmerin der Stadtverwaltung Marion Scheffel den Stadträten im Haushalts- und Finanzausschuss. Doch ist das Haushaltsjahr 2014 noch nicht zu Ende. Zum Jahresende droht dem Stadthaushalt, der ohnehin nicht ausgeglichen und als Minushaushalt geplant ist, ein zusätzliches Defizit von zehn Millionen Euro.
"Damit wir unseren Zahlungsverpflichtungen nachkommen können, brauchen wir eine Lösung, sonst ist die Stadt am 31. Dezember zahlungsunfähig", kündigte die Kämmerin an. Für die letzten beiden Monate des Jahres gebe es noch einen Finanzbedarf von über 58,1 Millionen Euro, erläuterte Marion Scheffel. Mit Einnahmen von 30 Millionen Euro sei zu rechnen: darunter 21 Millionen Euro, die zum Stichtag 15. November als Grundsteuern von den Eigentümern in der Stadt zu erwarten sind, und fünf Millionen Euro Zuweisung vom Land für den öffentlichen Personennahverkehr, der jetzt unter städtischer Regie fährt.
Quelle: OTZ
|
Na also es ist fast vollbracht. Der Zwangsverwalter muss m.E. nur noch sein Ticket lösen. Denn aus dieser Misere kommt Gera nicht mehr hinaus.
FelixKaiser
Und selbst in so einem Fall rechne ich mit ganz ähnlichen Ergebnissen wie beim GVB: Es wird festgestellt, dass das Einsparpotenzial weitgehend erschöpft ist und auf der Einnahmeseite eigentlich auch alles aus- bis überreizt ist.
Wald"Gang"
... wobei dem GVB sicherlich diverse Fördermittelzweckbindungen geholfen haben, daß die "Schrumpfung" so überschaubar blieb.
Die Daseinsvorsorge ist ja ein unbestimmter Rechtsbegriff. Das sieht man an den "Nichtangeboten" am Wochenende oder während der Schulferien in vielen Landkreisen deutschlandweit. Verpflichtend ist nur der Schülerverkehr. Insofern ist rein fahrplanseitig noch viel "Potential" in Gera.
Was passiert, wenn die Zweckbindung bei Gleisen, (auch Bus-)Haltestellen und Fahrzeugen ausläuft, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Derzeit schützt die drohende Fördermittelrückzahlung vor einem Kahlschlag beim GVB.
Dadurch wird allerdings die finanzielle Lage von Stadt und Stadtwerken auch nicht besser. Vielmehr stellt sich die Frage, wieviel neue/zusätzliche Infrastruktur (bzw. auf einem besseren/aktuelleren Niveau) können und wollen wir uns noch leisten, wenn wir schon Probleme haben, den Bestand sicher zu stellen?
FelixKaiser
Nicht ganz, in Thüringen zumindest besteht die Pflicht, dort wo die Nachfrage ist, diese auch zu bedienen. Daran messen sich auch die Ausdünnungen. Würde jetzt auf der Linie 3 beispielsweise ein 15 Minuten Takt eingeführt werden, könnte die Rechtsaufsicht die Stadt dazu verpflichten, das Angebot entsprechend zu verdichten, damit nicht regelmäßig Fahrgäste aufgrund eingeschränkter Kapazitäten von der Beförderung ausgeschlossen werden. Ist beim Schienenverkehr übrigens ähnlich. Da gibt es auch Richtlinien beispielsweise aufgrund der Größe von Ortschaften, wie viele Fahrten in Abhängigkeit der Einwohnerzahl zu fahren sind.
Wald"Gang"
Das ist alles relativ. Ein höherer Deckungsbeitrag durch die Fahrgäste in Höhe von z.B. 2,50 EUR würde die Nachfrage erheblich reduzieren... Zu Vollkosten für die Allgemeinheit (und Rabatten für Bedürftige) ginge die Nachfrage nochmals deutlich runter, aber es wäre immer noch Daseinsvorsorge. Man muß sich immer vor Augen führen, ÖPNV ist ein hoch subventioniertes Gut. Nicht nur durch laufende Zuschüsse, sondern auch durch vielfältige Fördermittel für Investitionen.
FelixKaiser
Eigentlich müsste der öffentliche Nahverkehr vom Gesetzgeber noch besser finanziert werden, denn er ist unterfinanziert, was man nicht zuletzt am Investitionsstau in vielen Kommunen, vorallem aber auch in den alten Bundesländern sieht.
Es gibt viele Studien die sich mit dem volkswirtschaftlichen Nutzen den ÖPNV befassen. Das Ergebnis ist stets eindeutig. Ich habe beispielhaft mal eine des VCD herausgesucht:
http://www.vcd-bw.de/termine/2013/20131123_Nutzen_OePNV.pdf
gastli
Zitat: |
Nachruf
Gera war einmal eine reiche Stadt. Es war einmal, so fangen alle Märchen an.
Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende, ja an ihr Ende.
Nun ist es zu Ende. Gera`s Reichtum ist vergangen, die Kassen sind leer, Kredit gibt es nicht mehr, das Vermögen ist aufgezehrt!
Mit dem Notfallfahrplan der Verkehrsbetriebe wird sichtbar, wohin die Reise geht. Verzicht ist angesagt und das bei steigenden Abgaben, Steuern und Gebühren.
Die heiße Phase begann mit einem Stadtratsbeschluss im Mai 2014, der Zustimmung zum Haushaltsicherungskonzept!
Mit dem Sparprogramm für die Stadt wird die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer erhöht, werden die Eintrittspreise für das Hofwiesenbad, die Volkshochschule, den Tierpark und die Museen steigen, die Friedhofsgebühren erhöht.
Und munter geht es weiter, Sportstätten werden an die Vereine übertragen, ohne den bisherigen Zuschuss von der Stadt. Das wird zu Beitragserhöhungen führen. Mit höheren Hortgebühren ist zu rechnen, der Strompreis wird steigen. Wohin sich die Wasser- und Abwassergebühren entwickeln werden, ja ihr wisst es schon.
Was machen Menschen, die sich in Gera ansiedeln wollen, ein Haus bauen oder kaufen? Was machen Unternehmen, Handwerksbetriebe, die ihren Standort in der Stadt haben? Sie werden prüfen. Gibt es Alternativen siedeln sie woanders oder ziehen weg. Dem Landkreis Greiz wird es freuen, die Geraer, welche keine Alternativen haben, sind die Dummen.
Über den Sommer haben viele Geraer darum gekämpft, die Insolvenz ab zu wenden.
Die Frage sei erlaubt, war die Insolvenz und die Sonderabschreibung des Kraftwerkes überhaupt notwendig?
Die Prokopf-Verschuldung der Thüringer Städte ist moderat. Jena hatte 2011 414 Euro je Einwohner, Erfurt 749 Euro, Gera 996, Weimar 1209 und Suhl 1852 Euro Schulden.
Seit 30.09.2014 lebt die Stadt in einer anderen Zeit!
Und siehe da, auf einmal eine Interimsvereinbarung zur Sicherstellung des Nahverkehrs.
Insolvenzverwalters Michael Jaffé sagt, es seien 3,5 Millionen Euro aus dem Stadthaushalt notwendig, um für ein Jahr den Nahverkehr in der Stadt zu sichern. Der Stadtrat soll der Eilentscheidung am 30.10.14 zustimmen.
Die Frage sei erlaubt, warum ging das nicht bis zum 30.09.2014?
Ich denke, wir sollten unseren begonnenen Weg der sehr kritischen Begleitung fortsetzen.
Die echte Bürgerbeteiligung wird es nicht geben, da nicht einmal der Stadtrat ausreichend in die Aktivitäten und Entscheidungen eingebunden wird. Sollte es jedoch zu einer gemeinsamen über Parteigrenzen hinausgehenden Front der Bürger mit "ihren" Stadträten kommen, dann ja dann legen wir los. Unser Ruf muss dann bis Erfurt und über die Landesgrenzen hinaus erschallen "Bürger wehrt euch gegen Insolvenzen und Kaputtsparen"! |
[Quelle:
http://www.isg-gera.de/]
Heute 18:00 Uhr Stadtratssitzung im Rathaus: Der Nachruf liegt vor jedem Stadtrat.
Mark3Dfx
Ich sehe da keine Lösung.
Gera hat zwei große Ausgabenblöcke: Personal & Soziales (H4/KdU usw.)
Letztes ist durch den Staat als Pflichtaufgabe vorgeschrieben und selbst wenn man 90% der Verwaltung entlässt (was schon rein tarifrechtlich nicht geht)
Sind das im Jahr vielleicht 7-8 Millionen, also Peanuts im, Verhältnis zum Schuldenberg.
FelixKaiser
Gera hat jetzt schon im Schnitt pro 1000 Einwohner weniger Verwaltungsangestellte (14) als Erfurt oder Jena mit jeweils rund 20. Anträge dauern jetzt schon mitunter Monate zu bearbeiten. Aber mangels Personalentwicklungskonzept, das Frau Hahn seit zwei Jahren schon erarbeiten soll, was aber dieses Jahr wieder unter den Tisch fällt, lässt sich nicht ablesen, wo wirklich abbaufähige Überkapazitäten in Verwaltung vorhanden sind.
Passend dazu:
http://gera.otz.de/web/gera/startseite/d...rott-1758615999
Die 10 Mio. Euro hätte man auch gleich über den KFA einrechnen können, schließlich gehen die allein für Pflichtaufgaben drauf. Dann hätte Gera vielleicht auch einen genehmigten Haushalt 2014 gehabt, bei Verzicht auf höheren Kassenkredit und die freiwilligen Leistungen, die in der vorläufigen Haushaltsführung sowieso nicht angegangen werden können.
gastli
[Meta ist immer für ein Späßchen zu haben.]
Der von Meta verlinkte Artikel trägt die Überschrift: "Lieber Bundesgartenschau als in Ramelows Kabinett" und strotzt demzufolge von Unwahrheiten und Stimmungsmache gegen RRG.
Der deutsche Mainstream eben, hier noch schlimmer: Springerpresse.
Adeodatus
Zitat: |
Hilfe in Sicht: Das Land rettet Gera vor dem Bankrott
Gera. Bei 9,6 Millionen Euro Bedarfszuweisung will im Rathaus von Gera derzeit niemand über die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit spekulieren.
Was passiert, wenn die Stadt Gera zum Jahresende - wie von der Kämmerei vorgerechnet - zahlungsunfähig sein sollte? Kommt der Zwangsverwalter? Springt das Land als Gewährsträger ein? Werden noch Gehälter gezahlt? Müssen städtische Einrichtungen dicht gemacht werden?
"Wir sehen keine Veranlassung, über etwaige Konsequenzen zu spekulieren", hieß es am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung knapp aus der Rathaus-Pressestelle. Die Oberbürgermeisterin Viola Hahn (parteilos) befinde sich in intensiven Gesprächen mit dem Innen- und dem Finanzministerium sowie dem Landesverwaltungsamt, um eine Lösung für die Liquidität der Stadt zu erreichen.
Quelle: OTZ
|
Zitat: |
"Wir sehen keine Veranlassung, über etwaige Konsequenzen zu spekulieren", hieß es am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung knapp aus der Rathaus-Pressestelle.
Quelle: oben verlinkter Artikel.
|
Oder anders gesagt wir hoffen das sich über Nacht etwas ändert, denn man hat sich noch keine Gedanken gemacht was passiert wenn die Stadt Zahlungsunfähig ist. Welche Auswirkungen eine Zahlungsunfähigkeit für die Bürger hat ist absehbar man will aber wie gehabt erst einmal auf die Göttliche Eingebung hoffen. Ich frage mich derweil warum wir eine Stadtverwaltung bezahlen wenn deren Leistungen eher mit Null zu bewerten sind.
FelixKaiser
Um genau zu verstehen, warum die Stadt 3,5 Mio Euro für den Nahverkehr zuschießen muss und weshalb es nach Thüringer Gesetzeslage nicht möglich ist, durch Sparzwang eventuell Fahrgäste aus dem ÖPNV zu drängen, um mit weniger Leistung und Zuschuss zu fahren, der sollte mal einen Blick in das Thüringer Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr (ThürÖPNVG) werfen, speziell Paragraf 2:
http://www.transportrecht.de/transportre.../1296145491.pdf
Es ist das gleiche Problem wie mit Hartz4 und KdU: Die Stadt muss Leistung erbringen und einen Teil davon selbst bezahlen, im Haushalt als Pflichtaufgabe dargestellt. Wir haben nun mal das Problem, dass die Summe aller Pflichtaufgaben im Haushalt größer ist, als die Summe der Einnahmen. Was mir diese Woche erst wieder erschreckendes aufgefallen ist an der gesamten Problematik: Nach außen hin entsteht einfach der Eindruck, dass Gera ein Fass ohne Boden ist und andauern "zusätzliches" Geld von oben hineingeschmissen werden muss. Dass dieses zusätzliche Geld eigentlich nur das zuvor gekürzte aus dem KFA ist, darüber kein Wort, kein Gedanke, nichts. Gera ist auf dem besten Weg die "Buh-Kommune" in Thüringen zu werden.
Apropos Jena:
http://jena.otz.de/web/lokal/archiv/deta...-Gera-740737141
Jena hat riesige Potenziale zum Sparen und hätte es auch, wie einige andere Städte, eigentlich die letzten Jahre konsequent machen müssen. Musste es aber nicht, weil der KFA eben die starken kaum benachteiligt hat, anders als schwache Kommunen.
Meta
Ich finde wir sollten hinsichtlich Beförderung einmal nach anderen Wegen suchen, so wie es auch die Holländer machten und dabei das Fahrrad wieder entdeckten als ÖPNV-Beförderungsmittel. Wie wäre es damit? Dazu noch einige Rikscha-Fahrer mit Hilfsmotor das könnte gehen.
Wald"Gang"
Zitat: |
FelixKaiser hat am 31. Oktober 2014 um 17:11 Uhr folgendes geschrieben:
Um genau zu verstehen, warum die Stadt 3,5 Mio Euro für den Nahverkehr zuschießen muss und weshalb es nach Thüringer Gesetzeslage nicht möglich ist, durch Sparzwang eventuell Fahrgäste aus dem ÖPNV zu drängen, um mit weniger Leistung und Zuschuss zu fahren, der sollte mal einen Blick in das Thüringer Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr (ThürÖPNVG) werfen, speziell Paragraf 2:
http://www.transportrecht.de/transportre.../1296145491.pdf
|
Von "muß" steht da nichts, nur "soll"!
Da Gera ja Finanzprobleme hat, ist aktuell wohl eher §3 (2) ausschlaggebend. Demnach haben die Aufgabenträger den ÖPNV gemäß ihrer Leistungsfähigkeit zu finanzieren - bei mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit entsprechend weniger als auf dem Wunschzettel steht.
baumann
Ich halte es für nunmehr endlos mühsam, immer wieder mit neidvollem Blick ""Die haben´s ja...") auf die Schwesterstadt Jena zu schielen. Habe dort im Stadtportal mal die "Schuldenuhr" angeklickt. Das so ein "Verhalten" von der Landesregierung begrüßt wird, liegt wohl auf der Hand.