Kinderarmut in Gera

Brösel
Geraer Stadtrat schweigt sich zur Armut aus

Caritas fordert auf Fachtag Erklärung
Von Uwe Müller Gera.

Armut und ihre Folgen dürfen nicht als lebensprägendes Schicksal hingenommen werden. Möglichst allen Bürgern der Stadt gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, dem widmete sich am Sonnabend ein Fachtag, veranstaltet vom städtischen Sozialdezernat und von der Kreisarbeitsgemeinschaft der freien und öffentlichen Wohlfahrtspflege in der Stadt.

"Haben wir jemand vergessen?", fragte die sechsstündige Fachtagung mit Teilnehmern aus Politik und Wirtschaft, aus Wohlfahrtsverbänden, Kultur und Sport. Birgit Klemm, Fachdienstleiterin Kinder- und Jugendhilfe, formuliert im Resümee des Gedankenaustausches die Herausforderung: "Wie gelingt es, jeden zu erreichen? Wie kommen wir insbesondere an die Eltern heran, die nun schon in zweiter Generation ohne Arbeit und arm sind?" Wobei schnell klar war, dass Armut nicht allein eine Frage der finanziellen Mittellosigkeit ist. "Es gibt viele Familien, die in der Stadt an der Armutsgrenze leben und trotzdem ein glückliches und erfülltes Leben führen", gibt Frau Klemm zu bedenken.

"Bildung ist die Chance, um aus Armut herauszukommen", betont Christina Köhler vom Staatlichen Schulamt Gera/Schmölln. Sie regt an, in Sozialraumkonferenzen das Thema zu vertiefen. "Die Schule als wichtiger Lebensraum bietet Chancen, Kinder aus sozial schwachen Familien einzubeziehen", attestiert PD Dr. Jörg Seidel, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im SRH-Waldklinikum.

Ein Armutszeugnis stellt Andreas Zube, Geschäftsführer des Caritasverbandes Ostthüringen, dem Geraer Stadtrat aus. "Wir fordern eine Armutsdefinition. Es existiert noch nicht einmal eine Erklärung des Stadtrates, dass es in Gera Armut gibt, geschweige denn, wie sie bekämpft werden soll. Dabei sind 25 Prozent der Bürger von Sozialleistungen abhängig", so der Vertreter des katholischen Wohlfahrtsverbandes. Städtische Angebote verfehlten ihr Ziel. "Die Sozialcard wird nicht hinreichend genutzt - sei es aus Desinteresse, weil Wege zu weit sind oder weil die Angebote unbekannt ist", analysiert Zube. Seine Arbeitsgruppe regt an, Kindergärtnerinnen, Krankenschwestern und Ärzte zu schulen - also einen Personenkreis, der noch unmittelbaren Zugang zu den Armen in der Gesellschaft hat, um diese zu informieren und zu beraten.

Zube kritisiert auch, dass das Netz an Jugendklubs und Seniorenbegegnungsstätten in der Stadt nicht flächendeckend sei und "nicht unbedingt den Qualitätsstandards genügt"; Defizite gebe es in der personellen, materiellen und räumlichen Ausstattung. Der Arbeitskreis "Armut und Existenzsicherung" fordert daher für Jugendklubs und Seniorenbegegnungsstätten ein koordiniertes Handeln; "das darf nicht dem Wildwuchs einzelner Träger überlassen werden".

Lars Eisert-Bagemihl, Geschäftsführer der Diakonie Ostthüringen, regt an, kommunale Kombilöhne einzuführen und Bürgerstiftungen zu initiieren.

Aus der Arbeitsgruppe "Armut und Gesundheit" wird weitere Kritik an die Adresse der Stadtverwaltung laut: Anträge auf Essengeldzuschüsse würden zu lange unbearbeitet liegen bleiben.

Quelle: OTZ
Lazarus
Zitat:
Brösel hat am 24. Februar 2009 um 10:31 Uhr folgendes geschrieben:
Ein Armutszeugnis stellt Andreas Zube, Geschäftsführer des Caritasverbandes Ostthüringen, dem Geraer Stadtrat aus. "Wir fordern eine Armutsdefinition. [...]


Der gute Mann braucht doch nur Wikipedia bemuehen: http://de.wikipedia.org/wiki/Armut
Und Nein, Wikipedia ist nicht die allumfassende Weisheit der Welt, aber enthält genug Links um sich weiterzuhangeln.
Wenn der Herr Zube mit dem Artikel fertig ist, wird er eventuell gemerkt haben, dass die wirklichen Armen anderswo auf unsere "Armen" hier sowas von neidisch sein koennen ... aber damit laesst sichs nicht so gut herumpolemisieren.
Adeodatus
Zitat:
dass die wirklichen Armen anderswo auf unsere "Armen" hier sowas von neidisch sein koennen


Und wer verursacht die Armut dort? Genau die gleichen die die Armut hier kleinreden und superschlau darauf verweisen das es in der 3. Welt noch ärmere Menschen gibt.
Lazarus
Zitat:
Adeodatus hat am 10. Juli 2013 um 12:56 Uhr folgendes geschrieben:
Zitat:
dass die wirklichen Armen anderswo auf unsere "Armen" hier sowas von neidisch sein koennen


Und wer verursacht die Armut dort? Genau die gleichen die die Armut hier kleinreden und superschlau darauf verweisen das es in der 3. Welt noch ärmere Menschen gibt.


Na ich hab sicher nicht dafür gesorgt dass Bandenkriege zwischen irgendwelchen Warlords die Landwirtschaft in Liberia kaputt gemacht haben ... großes Grinsen

Der Begriff Armut ist kein relativer, sondern ein absoluter. Ergänzend dazu wurde noch der Begriff "Relative Armut" eingeführt, welcher eher auf Gera zutrifft. "Armut" wird vor allem durch Mangel an Lebensnotwendigem definiert, also medizinische Versorgung, Nahrung, Wasser, Behausung. Richtige Armut gibt es auch in den USA und China, welche i.A. nicht zur dritten Welt gezählt werden.

Es ging dem Threadstarter aber gar nicht um die 3. Welt, sondern um Armut in Gera. Hier verwendet er einfach aus polemischen Gründen den falschen Begriff. Offiziell gelten ALG2-Empfänger, um die es hier geht, als "relativ arm" oder auch mal "armutsgefährdet". Hier mal der Parkplatz der Bedürftigen die zur Gerschen Tafel gehn:



Sorry, aber richtige Armut und Mangel sieht anders aus.

Ironischerweise verwenden die Streetworker, die ja nun wirklich mit denen zu tun haben, für die auch schonmal ein ALG2 nicht vorhanden ist, den korrekten Begriff. Nur die Politiker und Leute die sich dafuer halten polemisieren solchen Mist zusammen.
Meta
Warlords, sind die etwas besseres als eine Räuberbande?

Suchen sie einfach hier nach Räuber - was sie dort darüber lesen können wird sie sehr beeindrucken.
http://www.stud.uni-karlsruhe.de/~uska/a...gottesstaat.pdf

Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei.
gastli


Der allgemein übliche Begriff ist "Kinderarmut" auch in Gera.
Lazarus
Zitat:
gastli hat am 10. Juli 2013 um 17:23 Uhr folgendes geschrieben:
Der allgemein übliche Begriff ist "Kinderarmut" auch in Gera.

Ja, da hat die Politik vollen Erfolg mit ihrer Polemisiererei. smile Dass der Begriff nun üblich ist bedeutet aber auch noch nicht dass er korrekt ist.
Abgesehen davon ging es im OTZ-Artikel nicht um Kinderarmut, weshalb der Thread hier damit überschrieben wurde erschliesst sich mir nicht. Soll wohl mehr Aufmerksamkeit erheischen.

Eine halbwegs serioese Studie der UNICEF beleuchtet das Thema "Child Poverty in Rich Countries", wobei dort auf Seite 6 im Abschnitt "Measuring poverty" auch festgestellt wird dass die "Armen" in den OECD-Staaten relativ reich im weltweiten Schnitt sind und dass man, wenn man von "Armut" spricht, eigentlich eher immer von "relativer Armut" redet. Die Begrifflichkeit ist eigentlich auch nicht so sehr von Relevanz, ob ich ein Auto nun Auto oder PKW nenne ist im Alltag wurscht - aber der Begriff "Armut" wird von Menschen anders assoziiert als "relative Armut". Und genau diese Assoziation wird von den Polemisierern bewusst genutzt um ihre Interessen zu puschen.
Ein Kind, welches sich über ein einfaches Telefon - weil die Eltern nicht die Kohle für was besseres haben - ärgert, weil andere ein Smartphone haben, ist in meinen Augen eben nicht "arm". Höchstens an Erziehung.

Erhellend ist aber auch das Zitat Zubes:
Zitat:
"Die Sozialcard wird nicht hinreichend genutzt - sei es aus Desinteresse, weil Wege zu weit sind oder weil die Angebote unbekannt ist", analysiert Zube.

Nun, wenn noch nichtmal angebotene Vergünstigungen genutzt werden, kanns so schlimm nicht sein mit der "Armut", egal ob absolut oder relativ ...
Adeodatus
Also wenn es hier nur eine "relative Armut" gibt dann gibt es hier auch nur relativen Reichtum, und spinnen wir das ganze jetzt weiter sitzen die richtigen Reichen in den dritte Welt Ländern denn dort gibt es ja auch nur echte Armut. Und noch ein Stück weiter gedacht sind die da unten auch Schuld an der Umweltverschmutzung, Ausbeutung der Natur, Kriegen etc.
Meta
Ja mein Lieber, von denen können wir lernen wie man trotz schlechter Lebensbedingungen und Elend an Stelle relativer Armut viele Kinder macht. Die haben halt keine Politiker welche die Bevölkerung in Resignation treibt.

Übrigens lieber Adeodatus, ich frage mich zur Zeit:
Wo ist die größte Resig-Nation der Welt?
aeffchen
für mich ist armut wenn man erheblich daran mangel hat was nötig wäre für eine vrnünftige entwicklung und was im betreffenden staate möglich wäre.
(naja, hab das mal versucht in worte zu fassen)

demnach gibt es bei uns arme und in den ländern der dritten welt "sehr" arme bzw mittellose.
Nachtschicht
Zitat:
aeffchen hat am 11. Juli 2013 um 19:26 Uhr folgendes geschrieben:
naja, hab das mal versucht in worte zu fassen


Ist dir gut gelungen. großes Grinsen
holgersheim
Ich verweise auf einen Text von Holdger Platta, den ich sehr schätze. Der Artikel endet so:

Zitat:
Hartz-IV hat eine neue Menschenklasse geschaffen: Deutsche Exilanten im eigenen Land. Wer heute von Menschen im “Elend” spricht, der spricht dadurch auch dies unvermeidbar mit aus – gleich, ob es ihm bewusst ist oder auch nicht. ALG-II hat unbescholtene Bürgerinnen und Bürger millionenfach um ihre Rechte gebracht – um ihre “Rechtsgenossenschaft”, wie es in der Ursprungsbedeutung des Wortes “Elend” bzw. “eli lenti” noch ausdrücklich mitgemeint war. Hartz IV hat millionenfach Mitmenschen abgeschoben auf einen fernen elenden Kontinent. Es stellt insofern nur noch eine optische Täuschung dar, dass diese Mitmenschen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft wohnen. In Wirklichkeit leben sie längst schon anderswo: in der Mülltonne unserer Demokratie, dort, wo längst auch schon unsere Verfassung gelandet ist.

Die SPD aber – und an ihrer Spitze der damalige Obersozialdemokrat Schröder – hat am 14. März 2003 im Bundestag mit ‘Standing Ovations’ dieser Entsorgung unserer Demokratie zugestimmt: der Vertreibung von Millionen von Menschen aus dem Geltungsbereich unseres Grundgesetzes. Ins Elend. In unser inneres Ausland.

Hier den ganzen Artikel lesen.