Das Recht auf Faulheit

gastli
"Das Recht auf Faulheit", ein Begriff der im Forum immer wieder die Runde macht. Und damit verbunden Fragen über Fragen.
Was ist "Das Recht auf Faulheit"?
Gibt es ein "Das Recht auf Faulheit"?
Wie soll es umgesetzt werden?

Deshalb hier erst einmal zum einlesen:

Das Recht auf Faulheit

Widerlegung des "Rechts auf Arbeit" von 1848


Paul Lafargue, 1883

(PDF 24 Seiten)
Bernhard P.
Alles ist wohl eine Definitionsfrage. In einer Gesellschaft wo ein Arbeitsplatz nicht für jeden zur Verfügung steht kann man auch nicht bei den meisten Arbeitslosen von Faulheit sprechen. Wenn man das zynisch auch noch als "Rechtauf Faulheit" bezeichnet ist das für mich nur ein weiterer Beweis dafür wie die Unterschicht kriminalisiert werden soll. Die meisten Arbeitslosen würden auf ein derartiges "Recht" bestimmt liebend gern verzichten.
Alter Mann
das "recht auf faulheit" und das "recht auf arbeit" weisen ja auf eine vorhandene unausgewogenheit hin.
man könnte es zusammenfassen in ein "recht auf ausgewogenheit".

durchsetzen kann dieses "recht" wohl nur der (zuviel)arbeitende bevölkerungsteil, indem dieser durch mehr "faulheit" die arbeitslosen zur arbeit "zwingt".-...umgekehrt wirds wohl schlecht gehen... Nee Ne
SirBernd
Zitat:
Alter Mann hat am 04. April 2008 um 22:51 Uhr folgendes geschrieben:



das "recht auf faulheit" und das "recht auf arbeit" weisen ja auf eine vorhandene unausgewogenheit hin.
man könnte es zusammenfassen in ein "recht auf ausgewogenheit".

durchsetzen kann dieses "recht" wohl nur der (zuviel)arbeitende bevölkerungsteil, indem dieser durch mehr "faulheit" die arbeitslosen zur arbeit "zwingt".-...umgekehrt wirds wohl schlecht gehen... Nee Ne


Ich würde es mal so formulieren:
Durchsetzen kann dieses "Recht" wohl nur der (zuviel) arbeitende Bevölkerungsteil, indem dieser durch mehr "Faulheit", dem Arbeitslosen die Chance zu arbeiten, überhaupt gibt.
Alter Mann
@SirBernd
so meinte ich das auch.

fördern und fordern bedeutet nun konkret:

integration der arbeitenden bevölkerung in den freizeitsektor
...werde morgen dem AA gleich mal ein konzept vorlegen. cool

Hat jemand vorschläge, welches fehlverhalten wie sanktioniert werden soll? nachdenklich
SirBernd
Zitat:
Alter Mann hat am 06. April 2008 um 21:13 Uhr folgendes geschrieben:


fördern und fordern bedeutet nun konkret:

integration der arbeitenden bevölkerung in den freizeitsektor
...werde morgen dem AA gleich mal ein konzept vorlegen. cool


Keine schlechte Idee, Alter Mann ... großes Grinsen
Pfiffikus
Der Untertitel dieser hier in Rede stehenden Schrift lautet:
Widerlegung des "Rechts auf Arbeit" von 1848.

Nach meinem Ermessen ist dieses Recht aus heutiger Sicht überholt bzw. widerlegt. Es wurde zu einer Zeit formuliert, zu der en masse zu tun gab. Es gab auch noch massig Arbeit bei der Beseitung von Kriegsschäden, beim Aufbau und später im Wirtschaftswunder. Und den Machern dieser Konvention ist 1848 wahrscheinlich nicht in den Sinn gekommen, was heute unter den hier versammelten Diskutierenden Konsens zu sein scheint.
Es ist in unserer Gesellschaft nicht genügend Arbeit für alle da. Und somit ist ein Recht auf Arbeit überhaupt nicht realisierbar.

Nun gibt es in der Tat einige, die aus diesem Menschenrecht und dessen fehlender Realisierbarkeit folgern, dass die heitige Gesellschaftsordnung abgeschafft werden müsse. Doch hier wird doch gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet!

Würde die Konvention heute geschaffen, würde ich mitreden dürfen, so wär darin ein Menschenrecht auf ein vernünftiges Einkommen manifestiert. Dieses sollte vorzugsweise durch Erwerbsarbeit erzielbar sein.
Für den Fall, dass dies nicht möglich ist, springt der Staat ersatzweise in finanzieller Form ein. Ein solches Menschenrecht macht aus heutiger Sicht Sinn.


Zitat:
gastli hat am 04. April 2008 um 08:49 Uhr folgendes geschrieben:

Was ist "Das Recht auf Faulheit"?

Es ist nicht genügend Arbeit da, alle Mitglieder der Gesellschaft 8 Stunden täglich mit Erwerbsarbeit zu beschäftigen. Es bleibt eine gewisse Zeitspanne übrig, in der sich die Leute nicht mit dieser Arbeit beschäftigen müssen und es geht hier ganz einfach darum, wie diese zusätzliche freie Zeit verteilt werden soll. Das kann man sich unter einem Recht auf Faulheit vorstellen.


Zitat:
gastli hat am 04. April 2008 um 08:49 Uhr folgendes geschrieben:

Gibt es ein "Das Recht auf Faulheit"?

Die freie Zeit ist ja vorhanden und es geht mehr darum, wer diese freie Zeit bekommt bzw. wer sich dieses Recht nehmen darf.

Ein Ansatz besteht darin, die freie Zeit, also das Recht auf Faulheit pauschal und gleichmäßig auf alle verteilt wird. Das wird zum Beispiel von Paul Lafargue bevorzugt.
Das wird aber so nix. Ich hatte bereits dargelegt, dass es insbesondere bei hochqualifizierten Berufen nicht möglich ist, die Arbeitszeit beliebig zu senken. Dadurch würde viel mehr Arbeit in Form von Ausbildung vergegenständlicht und spätestens dann, wenn die Lebensarbeitszeit, die ein Bürger üblicherweise aufwendet, nicht mehr ausreicht, um einen Zahnarzt überhaupt vernünftig auszubilden, spätestens dann geht dieses Modell vollends baden.
Alle zwei Stunden Schichtwechsel - das ist für die Dauer auch nicht effektiv. Und wer soll denn die ganzen Menschenmassen anlernen? Ganz abgesehen von den logistischen Problemen im Berufsverkehr.

Ein anderer Ansatz besteht darin, die freie Zeit wie gegenwärtig zum Teil gezwungenermaßen auf einige wenige zu verteilen. Dabei entsteht einerseits ein Versorgungsproblem (Nicht alle Betroffenen sind damit einverstanden, aus dem Arbeitsprozess verdrängt zu werden.) Zum anderen ein Gerechtigkeitsproblem (Man kann es auch Neidproblem nennen. Nicht alle Arbeitenden sind einverstanden damit, dass die Nichtstuer so viel Geld bekommen, es ist ihnen noch zu viel.)
Gegenwärtig scheinen wir sogar beide dieser Probleme gleichzeitig zu haben.

Ich sehe es weder als ideal und machbar an die freie Zeit "gerecht" pro Kopf zu verteilen, noch zwangsweise auf manche Personen.


Aus meiner Sicht gibt es nur eine einzige Möglichkeit, die frei gewordene Zeit zu verteilen:
Die freie Zeit, das Recht auf Faulheit muss nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten frei gehandelt werden!

Zitat:
gastli hat am 04. April 2008 um 08:49 Uhr folgendes geschrieben:

Wie soll es umgesetzt werden?

Dazu hatte ich bereits einiges geschrieben. Es sind dazu zwei wichtige Voraussetzungen zu schaffen, um die Triebkräfte der Marktwirtschaft zu nutzen, um Gerechtigkeit zu schaffen.
  1. Die Erpressbarkeit der Arbeitskräfte muss untergraben werden. Ich hatte bereits an anderer Stelle geschrieben, dass durch eine Absicherung der Bürger mit einem bedingungslosen Grundeinkommen die Erpressbarkeit nicht mehr gegeben ist, da das Einkommen bedingungslos gezahlt wird.
  2. Das Nichtstun darf in keiner Weise subventioniert werden!
    Bisher ist der Bezug von Leistungen an die Bedingung "Arbeitslosigkeit" geknüpft. Ein Zuverdienst wird auf die staatlichen Leistungen in einer Form angerechnet, die gering bezahlte Beschäftigungen sogut wie unterbindet.

Gäbe es ein solches System, so hätten wir quasi eine Vollbeschäftigung. Unter Vollbeschäftigung verstehe ich, dass jeder, der eine bezahlte Beschäftigung sucht, eine solche auch findet.

Gerade fällt mir ein: Wenn es im Sommer wieder schön warm wird, so könnte ich jemanden einstellen. Diese(r) bekäme einen Palmenwedel in die Hand und müsste mir frische Luft zuwedeln, solange ich im Garten sitze. Ich geb ja zu, viel könnte ich dafür nicht bezahlen. Ein wenig bezahlter Knochenjob in sengender Sommerhitze, das wird wohl wenig attraktiv sein.
Rein der Form halber schreibe ich auch hier dazu, dass für diesen Job selbstverständlich Steuern und Sozialversicherungen in der gesetzlichen Höhe entrichtet werden sollen - keine Schwarzarbeit also!

Wenn die beiden von mir genannten Bedingungen erreicht sind, wird die Vollbeschäftigung nach meinem Verständnis erreicht sein, denn heute nicht attraktive Billigjobs können zuhauf entstehen. Der Wedeljob ist nur eine von Millionen Arbeitsgelegenheiten. Aber im Gegensatz zu heute kann niemand zu diesen Billigjobs gezwungen werden, ohne die soziale Absicherung zu verlieren.

Wer mehr kann, als nur Luft wedeln, wird sich mit Sicherheit für einen besser bezahlten höher qualifizierten Job interessieren. Und die Ausbeuter- und Halsabschneiderjobs, die werden sehr wahrscheinlich mangels Attraktivität unbesetzt bleiben. Ich werde wohl dann, wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen gezahlt wird, niemanden finden und mir wohl oder übel einen Ventilator anschaffen müssen.
Huhu Hey! Das Bürgergeld befördert den technischen Fortschritt!



Pfiffikus,
der keine Möglichkeit sieht, wie Leute einerseits nichts tun, andererseits auf höherem Niveau als dem bedingungslosen Grundeinkommen abgesichert sind
gastli
Wenn wir beim Palmwedeln so angeregte gute Gespräche führen können wie hier, in der Bavaria oder auf dem Heimweg, dann bin ich gerne bereit mir mit Palmwedeln ein Zubrot zum Bürgergeld zu verdienen. Die Qualität dieser entschädigt den geringeren Lohn.
Alter Mann
@Pfiffikus
sehr gut geschrieben!
trotzdem bin ich der meinung, dass zumindest einige arbeiten, zb. verkäufer,
friseusen usw., welche meist eh auf ergänzende leistungen angewiesen sind, arbeitszeitmässig entlastet werden könnten.
es brauch ja kein 2-stunden-tag zu sein, aber zb.eine woche arbeit und eine woche frei ist hier mit etwas gutem willen sicher möglich, und immer noch sinnvoller als ein künstlich geschaffener 2. arbeitsmarkt.

alter mann,
der sich sehr darüber freut, dass du dich für ein bürgergeld einsetzt!
Pfiffikus
Zitat:
Alter Mann hat am 09. April 2008 um 10:59 Uhr folgendes geschrieben:

trotzdem bin ich der meinung, dass zumindest einige arbeiten, zb. verkäufer,
friseusen usw., welche meist eh auf ergänzende leistungen angewiesen sind, arbeitszeitmässig entlastet werden könnten.

Hm. Heute ja. Aber wer soll darüber entscheiden, ob eine ergänzende Leistung angemessen ist? Heute gibt es Streit darüber.

Ginge es nach mir, so könnte das die Friseuse selber entscheiden, in welchem Umfang sie arbeitet und für welchen Preis sie lieber zu Hause bleibt. Tja und es ist entweder damit zu rechnen, dass Frisieren ein wenig teurer wird oder dass sich der eine oder andere eine längere Matte stehen lässt.


Zitat:
es brauch ja kein 2-stunden-tag zu sein, aber zb.eine woche arbeit und eine woche frei ist hier mit etwas gutem willen sicher möglich, und immer noch sinnvoller als ein künstlich geschaffener 2. arbeitsmarkt.

2. Arbeitsmarkt ist wie alle anderen Subventionen Mist. Ja, es gäbe sicher auch effektivere Varianten der Arbeitszeitverkürzung. Aber es bleibt dabei, die halbe Arbeitszeit ist bei weitem weniger als halb so effektiv.


Pfiffikus,
der aus diesem Grunde einen Mindestlohn nur für eine Behelfskrücke hält
Herasun
Zitat:
Pfiffikus hat am 08. April 2008 um 16:17 Uhr folgendes geschrieben:

Ich werde wohl dann, wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen gezahlt wird, niemanden finden und mir wohl oder übel einen Ventilator anschaffen müssen.
Huhu Hey! Das Bürgergeld befördert den technischen Fortschritt!


Mit der Anschaffung des Ventilators würde ich an deiner Stelle noch etwas warten.
Ich bin mir gaaaaaanz sicher, daß es ausreichend Anwärter auf den Palmwedeljob geben wird und du dir den Deppen auch noch nach deinen Konditionen aussuchen kannst.
birke
Zitat:
Ich bin mir gaaaaaanz sicher, daß es ausreichend Anwärter auf den Palmwedeljob geben wird und du dir den Deppen auch noch nach deinen Konditionen aussuchen kannst.


Mit Abitur.
Pfiffikus
Zitat:
Herasun hat am 09. April 2008 um 23:23 Uhr folgendes geschrieben:

Mit der Anschaffung des Ventilators würde ich an deiner Stelle noch etwas warten.
Ich bin mir gaaaaaanz sicher, daß es ausreichend Anwärter auf den Palmwedeljob geben wird

Und ich wiederum bin mir sicher, dass es sehr viele Leute gibt, die mehr können, als nur wedeln. Diese werden mit Sicherheit nach den besser bezahlten Jobs schielen und meinen Job achtlos verschmähen.



Zitat:
Herasun hat am 09. April 2008 um 23:23 Uhr folgendes geschrieben:

und du dir den Deppen auch noch nach deinen Konditionen aussuchen kannst.

Ich fürchte, das wird nicht passieren. Immerhin bin ich nicht der Einzige, dem es im Sommer warm ist. Schon da könnten die Bewerber knapp werden. Die Spargel- und Erdbeerernte bietet weit besser bezahlte Plätze - keine Ahnung, ob Gastli dort eine ebensolche Konversation wie hier beim Wedeln finden würde?
Und ich betone nochmals: Die Schere zwischen arm und reich hat sich in Deutschland weit geöffnet - ich fürchte weiterhin, dass mich viele Leute überbieten, die sich zu Hause verwöhnen lassen werden, die ihre Kinder beaufsichtigen lassen wollen, die nicht selber Staub saugen wollen usw.



Bisher steht hier nur der Bewerber Gastli auf der Matte.


Pfiffikus,
der diesen aber keineswegs für einen Deppen hält
as65
Schreib doch deine Angebote mal in die Suche-Ecke Pfiff. Bin gespannt über die Anzahl der Meldungen.
Hattest doch irgendwo noch ein Job der Gartenpflege angeboten.
Pfiffikus
Erst muss das bedingungslose Grundeinkommen her und HartzIV weg!


Pfiffikus,
der die Gesuche dann im richtigen Bereich veröffentlichen wird
Herasun
Zitat:
Pfiffikus hat am 09. April 2008 um 23:35 Uhr folgendes geschrieben:

Und ich wiederum bin mir sicher, dass es sehr viele Leute gibt, die mehr können, als nur wedeln.


Davon bin ich sogar felsenfest überzeugt.

Zitat:
Pfiffikus hat am 09. April 2008 um 23:35 Uhr folgendes geschrieben:
Diese werden mit Sicherheit nach den besser bezahlten Jobs schielen und meinen Job achtlos verschmähen.


Und an ebendiesem Punkt scheiden sich halt unsere Geister, weil das Schielen nach den besser bezahlten Jobs ja noch längst keine Arbeitsgelegenheiten schafft.
Daß diese ebenso knapp sein werden wie heutzutage, sollte dir schon allein deshalb klar sein, weil nun (mit dem Bürgergeld) kein einziger Mensch mehr ohne Zubrot auskommen wird, wenn er nicht gerade unter der Brücke schlafen möchte.
Wer nicht vollständig im Elend versinken will, macht ihn mit, den Run auf die Deppenjobs.

Zitat:
Pfiffikus hat am 09. April 2008 um 23:35 Uhr folgendes geschrieben:
Und ich betone nochmals: Die Schere zwischen arm und reich hat sich in Deutschland weit geöffnet ........


Das ist korrekt, aber ich befürchte, daß die Kluft nach der Einführung eines- wie auch immer genannten - Grundeinkommens noch größer werden wird und die absolute Armut eben auch. Es sei denn, die Höhe dieses Grundeinkommen gewährleistet ein einfaches und vielleicht nicht besonders anspruchsvolles Leben, aber eben ein Leben in Würde. Und das ist ja wohl nicht zu erwarten, oder?
Von einem Recht auf Faulheit spricht dann halt nur der, der es- aus welchen Gründen auch immer- nicht besser weiß.

Zitat:
Pfiffikus hat am 09. April 2008 um 23:35 Uhr folgendes geschrieben:
Bisher steht hier nur der Bewerber Gastli auf der Matte.
Pfiffikus,
der diesen aber keineswegs für einen Deppen hält


Dein bislang einziger Bewerber zählt mit Sicherheit nicht zu den Deppen.
Immerhin ist er ja clever genug, dich dahingehend zu täuschen, daß er dir gern den Palmwedler macht, obwohl es ihm eigentlich um ganz andere Dinge geht, die er damit bezahlt sieht. Augenzwinkern großes Grinsen Augenzwinkern großes Grinsen

Herasun,
die an dieser Stelle bemerken möchte, daß du noch nicht den richtigen Ausbeuterinstinkt entwickelt hast.
Pfiffikus
Zitat:
Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:

Und an ebendiesem Punkt scheiden sich halt unsere Geister, weil das Schielen nach den besser bezahlten Jobs ja noch längst keine Arbeitsgelegenheiten schafft.

Stimmt. Vom Schielen alleine kommen noch keine neuen Jobs. Da sind wir uns einig.
Deshalb schrieb ich ja, dass die Hemmnisse für kleinste Jobs fallen müssen. Alle Subventionen, die unter der Bedingung des Nichtstuns gezahlt werden, gehören beseitigt. Zum Zwecke der sozialen Sicherheit soll es lieber das bedingungslose Grundeinkommen geben.

Zitat:
Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:

Daß diese ebenso knapp sein werden wie heutzutage, sollte dir schon allein deshalb klar sein, weil nun (mit dem Bürgergeld) kein einziger Mensch mehr ohne Zubrot auskommen wird, wenn er nicht gerade unter der Brücke schlafen möchte.

Wir sollten uns den Einfluss auf die Anzahl von Jobs mal in verschiedenen Modellen der sozialen Absicherung genauer ansehen:
  1. Manchesterkapitalismus
    Eine völlig freie Marktwirtschaft, völlig fehlende Absicherung. Die Arbeitnehmer verkaufen ihre Arbeitskraft nach den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. In Zeiten der Konjunktur könnte es möglicherweise Vollbeschäftigung geben? Ansonsten hätten die überzähligen doppelt freien Lohnarbeiter das Nachsehen und wären mir mit Sicherheit für einen Wedeljob dankbar.

  2. HartzIV - heutiges Modell
    Es ist wahrscheinlich aussichtslos für mich, jemanden zum Wedeln zu finden. Jeder Bewerber, der von der Höhe der Bezahlung erfährt, zeigt mir einen Vogel. Da wird das Sitzen auf der Couch durch HartzIV besser honoriert. Der potentielle Arbeitnehmer hat etwas gegen einen solchen Arbeitsvertrag!
    Von Schwarzarbeit war an dieser Stelle nie die Rede, so könnte sich unter Umständen jemand finden lassen. Aber von Schwarzarbeit reden wir an dieser Stelle nicht. Ich werde mir den Ventilator wahrscheinlich anschaffen müssen.

  3. Mindestlohn
    Uff - Sofort einen Ventilator kaufen! Als potentieller Arbeitgeber komme ich nicht in Frage. Ich gebe doch nicht Stunde für Stunde 7 Euro oder mehr für einen Wedler aus! Der potentielle Arbeitgeber hat etwas gegen einen solchen Arbeitsvertrag!
    Im Übrigen sperrt ein Mindestlohn ohnehin die Menschen von einer Erwerbsarbeit ab, die körperlich oder geistig nicht in der Lage sind, innerhalb einer Stunde so viel durchschnittlich notwendige Arbeitskraft zu vergegenständlichen, wie als Mindestlohn gezahlt werden muss.

  4. Bedingungsloses Grundeinkommen
    Du schreibst es selbst, erst jetzt beginnt der Run auf die "Deppenjobs", die bisher nicht besetzt werden können, weil entweder Arbeitgeber oder Arbeitnehmer berechtigterweise etwas dagegen einzuwenden haben. Erst mit dem Wegfall der Hemmnisse für diese Jobs auf beiden Seiten können viele dieser Jobs überhaupt erst zustande kommen, ohne dass die Menschen wie im Manchesterkapitalismus aus Existenznot da hinein gezwungen werden. Durch diese zusätzlichen Jobs erhöht sich das Bruttosozialprodukt und genau daraus können die zusätzlichen Werte geschaffen werden.
    Erdbeer- und Spargelernte werden mir die Leute schon streitig machen, die für mich wedeln könnten. Der Nachbar kommt immer mit auf Hochglanz poliertem Auto daher - wenn der nicht selber polieren müsste, das wär doch toll! Wenn die qualitativ hochwertige manuelle Autopolitur erschwinglich ist - das wird echte Konkurrenz für die Waschanlagen! Unsere Stadt hat nicht viel Geld, aber ein paar Schippen könnte man schon anschaffen und für wenig Geld den Mühlgraben zwischen Erfurthstraße und der BfA ausschippen lassen.
    Generell kannst du dir die Weisheit merken: Sinkt der Preis für die Arbeitskraft, so wird sich die Nachfrage erhöhen, kannste mir glauben! Und deshalb werden neue Jobs, mehr als die heute vorhandenen, entstehen.
    Dass das entstehende zusätzliche Bruttosozialprodukt zusätzliche Binnennachfrage generiert, darüber könnte man auch noch reden, will ich an dieser Stelle aber nicht.

    Und das bedingungslose Grundeinkommen hat noch einen weiteren Aspekt. Für meinen Wedeljob ist keine höhere Qualifikation erforderlich. Wie man den Wedel auf und nieder bewegt, das werd ich dem Bewerber hoffentlich recht schnell beibringen können. Ebenso dürfte ihm das Ein- und Nachschenken von Getränken nicht überfordern - diese Mindestanforderung verlange ich nun doch! Aber in solchen Jobs sehe ich eine Chance auf ein selbst verdientes Einkommen für Leute, die niemals in der Lage sein werden, eine CNC-Maschine zu bedienen.




Zitat:
Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:

Wer nicht vollständig im Elend versinken will, macht ihn mit, den Run auf die Deppenjobs.

Wer nicht im Elend versinken will... Was ist eigentlich Elend?

Ein idealer Job, der dich Morgen für Morgen aus dem Bett hüpfen lässt und der tagtäglich abwechslungsreiche Erfüllung bringt, den gibt es nicht bzw. ein solches Glück sollte man vom Arbeitsmarkt lieber nicht erwarten.
Üblich ist es, dass man bei jedem Jobangebot abwägt: Was hätte ich zu tun, wie wird bezahlt und welche Risiken gehe ich ein? Und üblicherweise geht man genau das Angebot ein, das das günstigste bzw. erträglichste der Angebote ist.
Ja und auch die "Deppenjobs" warten auf ihre Erledigung.


Zitat:
Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:

ich befürchte, daß die Kluft nach der Einführung eines- wie auch immer genannten - Grundeinkommens noch größer werden wird und die absolute Armut eben auch.

Die Armut wird eine fest definierte Grenze haben, ärmer als das bedingungslose Grundeinkommen geht nicht! Der Tote von Speyer wäre mit einem bedingungslosen Grundeinkommen garantiert nicht verhungert. Höchstwahrscheinlich wär er in der Lage gewesen, für mich zu wedeln, wenn er nicht so weit weg gewohnt hätte.


Zitat:
Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:

Es sei denn, die Höhe dieses Grundeinkommen gewährleistet ein einfaches und vielleicht nicht besonders anspruchsvolles Leben, aber eben ein Leben in Würde. Und das ist ja wohl nicht zu erwarten, oder?

Selbstverständlich ist das nicht zu erwarten. Es ist nicht einzusehen, dass arbeitsfähige Teile der Bevölkerung aus dem Erwerbsarbeitsprozess ausgeschlossen werden.

Genausowenig ist aber einzusehen, dass ein Teil der Bevölkerung nicht am Erwerbsarbeitsprozess Teil hat und trotzdem so weit alimentiert wird, dass "ein Leben in Würde" möglich ist.
Diese Forderung würde ich eher soweit abschwächen wollen, dass es jedem möglich sein muss, das bedingungslose Grundeinkommen durch Erwerbsarbeit so weit zu ergänzen, dass ein Leben in Würde möglich ist.


Du hast ja schon den ersten Aufschrei aus Erfurt vernommen. Nichtteilnahme am Erwerbstätigkeit und trotzdem so viel Geld wie heute, das wird nicht möglich sein und dazu stehe ich auch wenn das Geschrei noch so laut ist.


Zitat:
Herasun hat am 10. April 2008 um 23:32 Uhr folgendes geschrieben:

Von einem Recht auf Faulheit spricht dann halt nur der, der es- aus welchen Gründen auch immer- nicht besser weiß.

Meinetwegen sprich von der "Verteilung der nicht mehr gesellschaftlich erforderlichen Arbeitszeit nach marktwirstschaftlichen Kriterien". Wie ich dazu kam, ausgerechnet diese plakative Formulierung zu verwenden, hatte ich bereits geschrieben.


Pfiffikus,
der es dir überlässt zu spekulieren, ob und wie viel ich wirklich darüber weiß
gastli
Zitat:
Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:

Ein idealer Job, der dich Morgen für Morgen aus dem Bett hüpfen lässt und der tagtäglich abwechslungsreiche Erfüllung bringt, den gibt es nicht bzw. ein solches Glück sollte man vom Arbeitsmarkt lieber nicht erwarten.


An dieser Stelle setze ich mal einen Stopp-Punkt.

Bei einem existenzsicherndem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) ist der Begriff "Arbeitsmarkt" überholt. Da sehe ich eher ein Arbeitsfeld. Ich suche mir mein "Arbeitsfeld". Ich kann das hauptsächlich nach meiner Qualifikation auswählen aber eben auch nach anderen Gesichtspunkten. Ich schrieb es ja schon, dass ich durchaus den Wedeljob übernehmen würde, da ich mit Sicherheit außer den geringen Lohn - der mich wegen meinem BGE nicht weiter stört - eine gute Konversation als weiteres "Zubrot ideeller Art" erhalten würde. Ich sehe darin keineswegs einen Deppenjob. Das wird sicher der eine oder andere an Geldvermehrungsgier und Arbeitswut leidende nicht verstehen können, aber ich bin nicht auf Geldverdienen bis zum Umfallen erpicht, also nehme ich mir (vielleicht) mein Recht auf Faulheit - im Winter wenn nicht gewedelt wird.
Herasun
Zitat:
Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:

Wir sollten uns den Einfluss auf die Anzahl von Jobs mal in verschiedenen Modellen der sozialen Absicherung genauer ansehen:


Das habe ich getan, leider kann ich wiederum deine Meinung nicht teilen, die da lautet:

Zitat:
Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:
Generell kannst du dir die Weisheit merken: Sinkt der Preis für die Arbeitskraft, so wird [QUOTE]Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:[size=9]
sich die Nachfrage erhöhen, kannste mir glauben! Und deshalb werden neue Jobs, mehr als die heute vorhandenen, entstehen.


Denn:
Die Preise für Arbeitskräfte sinken seit Jahren, mein Lieber.Trotz wirtschaftlichem Aufschwung, ebenfalls seit Jahren.
Wieviele nennenswerte Arbeitsplätze sind denn dadurch entstanden?
Warum also sollte ein Grundeinkommen die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus außer Kraft setzen?

Zitat:
Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:
Aber in solchen Jobs sehe ich eine Chance auf ein selbst verdientes Einkommen für Leute, die niemals in der Lage sein werden, eine CNC-Maschine zu bedienen.


Nun ja, auch ich werde niemals in der Lage sein, eine CNC-Maschine zu bedienen, den Palmwedler mache ich dir deshalb trotzdem nicht!! Nee Ne Nee Ne Nee Ne

Zitat:
Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:
Wer nicht im Elend versinken will... Was ist eigentlich Elend?


Das ist schnell erklärt:
Elend entsteht durch dieses Grundeinkommen, auch dann, wenn es sich bedingungslos nennt.
Weil es aufgrund seiner Höhe (oder Tiefe?)jeden zur Aufnahme einer, wie auch immer gearteten oder mies bezahlten , Tätigkeit zwingt!
Das würde zwar auch die wirklich faulen Säcke mal auf den Plan rufen, aber ich bezweifle eben, daß es diese Arbeitsgelegenheiten tatsächlich in ausreichendem Maße allein für die Arbeitswilligen geben wird.
Außerdem hat sich auch noch keiner dazu geäußert, wie die finanzielle Absicherung für Arbeitsunfähige und Rentner aussehen würde ?!?!

Zitat:
Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:
Ein idealer Job, der dich Morgen für Morgen aus dem Bett hüpfen lässt und der tagtäglich abwechslungsreiche Erfüllung bringt, den gibt es nicht bzw. ein solches Glück sollte man vom Arbeitsmarkt lieber nicht erwarten.


Ich trau`s mir fast nicht zu sagen: Ich hab`so`nen Job.Schlimm?
Das mit dem aus dem Bett hüpfen klappt nicht so gut, das liegt aber an meiner Nachteulennatur.Ich hüpf nicht mal aus dem Bett, wenn`s in den Urlaub geht



Zitat:
Pfiffikus hat am 13. April 2008 um 23:54 Uhr folgendes geschrieben:
Der Tote von Speyer wäre mit einem bedingungslosen Grundeinkommen garantiert nicht verhungert.


Nee, wahrscheinlich wäre er schon vorher unter einer Brücke erfroren, da er keine Wohnung hätte anmieten können.

Herasun,
die gar nicht oft genug beteuern kann, daß sie sich wünschen würde, Unrecht zu haben.
birke
Herasun:
Zitat:
Denn:
Die Preise für Arbeitskräfte sinken seit Jahren, mein Lieber.Trotz wirtschaftlichem Aufschwung, ebenfalls seit Jahren.
Wieviele nennenswerte Arbeitsplätze sind denn dadurch entstanden?


Eine ganze Menge. Allerdings werden viele dieser Arbeitsplatzbesitzer von ihrer Rente nicht leben können. Und ob dem Staat für ausserrentliche Hilfsgelder viel zur Verfügung steht, wage ich zu bezweifeln. Eine Konjunktur hält nicht ewig an und die hohen Renten eines Teiles der Bevölkerung wirken auch noch einige Jahre nach.