Bernhard P.
Da bereits ein Thema existiert "Ist der Marxismus gescheitert?" lässt sich das mit der theoretischen Sichtweise auf die marxschen Lehren nicht so richtig vereinbaren. Deshalb habe ich mich entschlossen ein eigenes Thema mit den wichtigtsen Lehren des ML aufzumachen. Ich möchte bei der Diskussion darum bitten sich nur auf das Thema zu beschränken und Personendiskussionen außen vorzulassen.
Danke
mcbernie
Wichtig ist es vielleicht erst einmal über das Bewusstsein zu diskutieren:
Karl Marx über das Bewusstsein:
Zitat: |
Die Forderung das Bewusstsein zu verändern, läuft auf die Forderung hinaus, das Bestehende anders zu interpretieren, d. h. es vermittelst einer anderen Interpretation anzuerkennen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 20. |
Die Sicht auf die Dinge ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Der Mensch selbst ist mehr oder weniger in gesellschaftliche Prozesse eingebunden. Dies ist unter anderem ausschlaggebend für das Bewusstsein. Das Bewusstsein des Menschen wird also von seinem gesellschaftlichem Sein bestimmt. So ist es auch erklärbar das diejenigen die keine Not leiden oft diejenigen nicht verstehen können die Not leiden. So das man davon ausgehen kann das im Kapitalismus zwei verschiedene Bewusstseinsformen im wesentlichem anzutreffen sind.
1. das Bewusstsein der herrschenden Klasse der Bourgeoisie
2. das Bewusstsein der unterdrückten Klasse dem Proletariat
Der Proletarier denkt in der Regel anders als der Kapitalist.
Genau dies scheint auch ein Problem in der heutigen Zeit zu sein. Viele Menschen sind (noch) nicht bereit den Kapitalismus als das zu interpretieren was er seinem Wesen nach eigentlich ist, eine Ausbeutergesellschaft auf höchstem Niveau.
In dem nächsten Zitat wird Marx schon deutlicher:
Zitat: |
Es ist die alte Illusion, dass es nur vom guten Willen der Leute abhängt, die bestehenden Verhältnisse zu ändern ... Die Veränderung des Bewusstseins, abgetrennt von den Verhältnissen, wie sie von den Philosophen als Beruf, d. h. als Geschäft, betrieben wird, ist selbst ein Produkt der bestehenden Verhältnisse und gehört mit zu ihnen. K. Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3, 363.
Theoretisch betrachtet reichte die Auflösung einer bestimmten Bewusstseinsform hin, um eine ganze Epoche zu töten. |
Bewusstsein und gesellschaftliche Verhältnisse gehören zusammen weil das gesellschaftliche Sein maßgeblich entscheidend für die eigene Bewußseinsentwicklung ist.
Wenn der Mensch in der Lage ist das bürgerliche Bewusstsein abzulegen und sein eigenes proletarisches Bewusstsein formt wird er auch befähigt eines Tages gesellschaftliche Prozessen maßgeblich, bis zu deren Veränderung, zu beeinflussen.
die_gute_fee
Nun bestimmt ja das gesellschaftliche Sein nicht ausschließlich das Bewusstsein. Es gibt ja z.B. auch Erbanlagen und, über den Begriff des "gesellschaftlichen Seins" hinausgehend, die Umwelt und schließlich die Kovariation dieser beiden Faktoren.
Dies erklärt zum Beispiel, warum Menschen, die gleichsam Not leiden, ihren Zustand völlig unterschiedlich interpretieren und unterschiedliche Konsequenzen ziehen.
Wenn "das Bewusstsein verändern" heisst, das Bestehende anders zu interpretieren, dann frage ich mich, wie das von statten gehen soll. Das Bewusstsein bestimmt doch die Interpretation, oder? Also das was ich "erkenne" hängt ja von meinem Bewusstsein hab.
Bernhard P.
Zitat gute fee:
Zitat: |
Wenn "das Bewusstsein verändern" heisst, das Bestehende anders zu interpretieren, dann frage ich mich, wie das von statten gehen soll. Das Bewusstsein bestimmt doch die Interpretation, oder? Also das was ich "erkenne" hängt ja von meinem Bewusstsein hab. |
Klar kann man Zitate immer verschieden interpretieren. Richtig ist das Bewusstsein unter anderem, nicht aausschließlich, vom gesellschaftlichem Sein abhängt.
Aber eine bestimmte Lebenslage die sich für den Einzelnen innerhalb der Gesellschaft ergibt kann von jedem anders, je nach Veranlagung, gedeutet werden.
So wird Derjenige der bereits arbeitslos war sein Schicksal sicher leichter ertragen als Jener für dem das Neuland ist. Weiterhin spielt die Grundeinstellung jedes Einzelnen auch eine wichtige Rolle. Ist der entsprechende Mensch optimistisch oder pessimistisch veranlagt. Sucht jemand ernsthaft nach Lösungen seiner privaten Lage oder findet er sich mehr oder weniger damit ab.
die_gute_fee
Führen dann die möglicherweise unterschiedlichen Interpretationen trotzdem gleichermaßen zur Ausformung eines "proletarischen Bewusstseins"?
Und woher wissen wir, dass das Problem wirklich "Unterdrückung" ist? Was ist, wenn unsere Interpretationen zum Schluss führen, dass es keine Unterdrückung gibt? Woher wissen wir, dass unser Erkenntnisprozess abgeschlossen ist? Oder ist er das nie?
Woher wissen wir eigentlich, dass das proletarische Bewusstsein der "stein der weisen" ist?
Wie geht man in der Marxschen Lehre mit der Varianz innerhalb der "Arbeiterklasse" um, z.B. mit den unterschiedlichen Interpretationen?
Bernhard P.
Wo am Besten anfangen?
Zitat gute fee:
Zitat: |
Woher wissen wir eigentlich, dass das proletarische Bewusstsein der "stein der weisen" ist? |
Ume eine Sache in Angiff zu nehmen braucht der Mensch erst mal eine Einstellung dazu. In dem Falle, um den Kapitalismus abzuschaffen, braucht der Mensch erst mal die Einstellung das dies nötig ist. Das ist sein Bewusstsein.
Im philosophischem Sinne ist das die Einsicht in Veränderung gesellschaftlicher Prozesse. Gesellschaftlicher Reichtum in einer Gesellschaft entsteht duch menschliche Arbeit. Der gesellschaftliche Reichtum wird jedoch unterschiedlich verteilt und entspricht nicht dem Prinzip sozialer Gerchtigkeit im Kapitalismus. Weil dies so ist muss es hier auch eine Unterdrückung einer Klasse(Proletariat) durch eine andere(Bourgeoisie) geben.
Zitat gute fee:
Zitat: |
Woher wissen wir, dass unser Erkenntnisprozess abgeschlossen ist? Oder ist er das nie? |
Der Erkenntnisprozess des Menschen ist meiner Meinung nach niemals abgeschlossen. Er ergibt sich aus unserer Wahrnehmung der objektiven Realität.
Da Gesellschaft und Wissenschaft ständigen Entwicklungen und somit Veränderungen unterwworfen sind kann der Erkenntniprozess niemals abgeschlossen sein, d. h. wir können heute nicht wissen was morgen sein wird. Wir können es maximal ahnen.
Marx selbst unterscheidet in seinem Proletariatsbegriff zwischen geschickten und ungeschickten Arbeitern:
Zittat Karl Marx aus Marx-Engels Werken:
Zitat: |
Karl Marx sah im Wesentlichen nur zwei Unterteilungen der produktiven Lohnarbeiterklasse:
Hinsichtlich der Qualifikation betonte Karl Marx die „Scheidung der Arbeiter in geschickte und ungeschickte“ (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 371) bzw. die Scheidung in „komplizierte Arbeit“ und „einfache Arbeit“ (K. Marx, Kapital I, MEW 23, 59), d. h. qualifizier-te und unqualifizierte Arbeit. |
Um eine Sache zu interpretieren muss man Ursache und Wirkung im philosophischem Sinne vergleichen. Dabei fällt der Vergleich verschieden aus.
Beispiele
Hartz IV Empfänger:
Wirkung: arm und unzufrieden, Ursache: arbeitslos
Kapitalist:
Wirkung: reich und zufrieden, Ursache Vermögen (Kapital)
Daraus abgeleitet gibt es erst mal zwei unterschiedliche Hauptrichtungen des ausgeprägten Bewusstseins innerhalb des Kapitalismus.
Die Varianz in der Arbeiterkklasse (Unterschiedlichkeit) ist durchaus vorhanden aber die Grundrichtung stimmt weitestgehend überein, da die Arbeiter eint das sie in der Regel nicht Besitzer der Produktivkräfte sind und ihre Arbeitskraft an den Kapitalisten verkaufen müssen, um existieren zu können, wobei sie von diesem teilweise dafür entlohnt werden.
Manfred O.
Zitat: |
mcbernie hat am 02. Dezember 2007 um 14:30 Uhr folgendes geschrieben:[SIZE=9]
Ume eine Sache in Angiff zu nehmen braucht der Mensch erst mal eine Einstellung dazu. In dem Falle, um den Kapitalismus abzuschaffen, braucht der Mensch erst mal die Einstellung das dies nötig ist. Das ist sein Bewusstsein. |
Ich denke der Mensch handelt aus seiner Überzeugung.
Zitat: |
Der Erkenntnisprozess des Menschen ist meiner Meinung nach niemals abgeschlossen. Er ergibt sich aus unserer Wahrnehmung der objektiven Realität. |
Unsere Wahrnehmung ist subjektiv. Jeder einzelne betrachtet sie aus seiner persönlichen Situation heraus. Daraus resultieren ja unterschiedlichen Meinungen und Standpunkten.
Zitat: |
Um eine Sache zu interpretieren muss man Ursache und Wirkung im philosophischem Sinne vergleichen. Dabei fällt der Vergleich verschieden aus.
Beispiele
Hartz IV Empfänger:
Wirkung: arm und unzufrieden, Ursache: arbeitslos
Kapitalist:
Wirkung: reich und zufrieden, Ursache Vermögen (Kapital) |
Stimme ich so nicht zu. Nach Marx bin ich Kapitalist, da ich ja Eigentum an Produktionsmitteln besitze. Ich bin aber nicht reich.
Wirkung: Ich bin gezwungen, um meinen Betrieb aufbauen und aufrecht erhalten zu können, auf fremdes Kaptal zurückzugreifen und dies regelmäßig zurückzuzahlen.
Wirkung: Dies macht mich natürlich nicht zufrieden.
Meine Arbeitnehmer erhalten kein Hartz IV und sind (hoffe ich) mit dem was sie durch ihre Arbeit bei mir verdienen, zufrieden. Natürlich ist jeder unabhängig davon auch unzufrieden. Denn wer will nicht mehr verdienen.
Da gibts welche mit Eigenheim und welche ohne. Mit geerbeten, also abbezahlten und welche mit neugebauten. Die mit bezahltem Eigenheim verfügen somit über Vermögen.
Zitat: |
Daraus abgeleitet gibt es erst mal zwei unterschiedliche Hauptrichtungen des ausgeprägten Bewusstseins innerhalb des Kapitalismus.
Die Varianz in der Arbeiterkklasse (Unterschiedlichkeit) ist durchaus vorhanden aber die Grundrichtung stimmt weitestgehend überein, da die Arbeiter eint das sie in der Regel nicht Besitzer der Produktivkräfte sind und ihre Arbeitskraft an den Kapitalisten verkaufen müssen, um existieren zu können, wobei sie von diesem teilweise dafür entlohnt werden. |
Arbeitgeber sind nicht Eigentümer der Produktiv- also Arbeitskraft. Dann wären man Sklavenbesitzer.
Der Arbeitnehmer ist Eigentümer seiner Produktiv- also seiner Arbeitskraft und legt selbst fest, wem er sie zur Verfügung stellt. Wenn also einer meiner Angestellten unzufrieden wäre (ist), kann er gehen. Freiwillig. Und kann seine produktive Kraft (seine Arbeitskraft) einem anderen Unternehmen zur Verfügung stellen.
Niemand ist also daran gebunden für 'unser' Unternehmen zu arbeiten und 'unsere' Arbeitskraft 'unseren' Kunden zur Verfügung zu stellen.
Ich kann auch die Menschen in meinem Umfeld nicht teilweise entlohnen, die würden dann nämlich nur teilweise arbeiten.
Übrigens zahle ich mir selbst auch ein Gehalt, bin also im eigenen Unternehmen als Arbeitnehmer angestellt.
Man müsste mehrere Richtungen der Wahrnehmung betrachten:
Arbeitslos - Unzufrieden
Arbeitslos - Zufrieden
Arbeit - Unzufrieden
Arbeit - Zufrieden (z.B. Manager - die sind ja Angestellte eines Unternehmens und nicht Besitzer)
Unternehmer - Unzufrieden
Unternehmer - Zufrieden
Pfiffikus
Ach der olle Marx, der hat damals die Leut in Schubladen (ähm Klassen) gesteckt. Schublade auf, Leute rein, Lade wieder zu.
Doch diese Klassendefinition, die vor hundert Jahren mal zugetroffen haben mag, ist doch heute hoffnungslos veraltet.
Was ist denn nun der Hähnchenbrater, der bei uns mit seinem Caravan vor unserem Supermarkt steht? Ja bei der keinen Blondine ist die Sache klar, sie ist Proletarierin (gab es bei Marx auch die feminine Form?) und verkauft dort am Grill ihre Arbeitskraft, indem sie das Vögelein so gefühlvoll zerschneidet, liebevoll auf der Pappe platziert und mir mit diesem charmanten Lächeln in die Hand drückt.
Nein, ich meine den Hähnchenbrater, der mir vorher die Moneten abknöpft. Nach Marx wäre dieser Mann ein Bourgeois, denn er besitzt Produktionsmittel (den Hähnchengrill) und lässt eine Proletarierin für sich arbeiten. Felixed hätte noch einen ganz anderen Begriff für ihn, den die Forenzensur aber nicht durchgehen lassen würde.
Praktisch ist das doch ein ebenso armer Schlucker, wie die Blondine. Er ist nicht nur fest in die Wertschöpfungsketten bei Wiesenhof eingebunden, sondern ich glaube garnicht, dass der einen Spielraum hat, die diktierten Preise beim Einkauf in irgendeiner Weise in Frage zu stellen. Und beim Verkauf lässt sich auch nicht viel verdienen.
Richtiger müsste es heißen - er ist nicht Bourgeous, er ist nicht Proletarier, sondern er ist trotz Besitzes von Produktionsmitteln Prekariatsmitglied. Denn es handelt sich um einen armen Schlucker, der vor einiger Zeit mit Hilfe einer Ich-AG aus der Arbeitslosenstatistk gedrängt wurde.
Pfiffikus,
der das Chaos der Marxschen Klassendefinition noch kompletieren könnte, wenn er der Blondine statt Trinkgeld eine Wiesenhof-Aktie schenkt
Hab gerade gesehen, dass das nicht geht, weil Wiesenhof eine GmbH ist und keine Aktien ausgibt
Manfred O.
Zitat: |
Pfiffikus hat am 02. Dezember 2007 um 19:14 Uhr folgendes geschrieben:
Pfiffikus,
der das Chaos der Marxschen Klassendefinition noch kompletieren könnte, wenn er der Blondine statt Trinkgeld eine Wiesenhof-Aktie schenkt
Hab gerade gesehen, dass das nicht geht, weil Wiesenhof eine GmbH ist und keine Aktien ausgibt |
Dann schreib, angenommen Wiesenhof wäre eine AG und ich würde ihr eine Aktie schenken.
Vielleicht hat sie zur Altersabsicherung Anteile an einem Aktienfond.
Bernhard P.
An der Deffinition das der Besitzer von Produktionsmitteln ein Bourgeois ist hat sich bis heute nichts geändert. Der erwähnte Hähnchenbrater im Beispiel ist sozusagen Kleinunternehmer. Im marxschem Sinne ein Arbeitnehmer(er nimmt die Arbeitskraft der aufgeführten Blondine). Die Blondine, die kleine Braterin, ist im marxschem Sinne eine Arbeitgeberin(sie gibt ihre Arbeitskraft dem Kleinuntertnehmer). Im bürgerlichem Sprachgebrauch sind die Begriffe Arbeitnehmer und Arbeitgeber andersherum deffiniert. Da ist der heutige Arbeitnehmer(Proletarier) der Arbeitgeber nach Marx, während der marxsche Arbeitnehmer(Kapitalist) der heutige Arbeitgeber ist.
Der Begriff was Bourgeoisie ist ist folgendermaßen deffiniert:
Zitat: |
Der Begriff Bourgeoisie stammt ursprümglich aus Frankreich und ist der Name für das wohlhabende Bürgertum. In der politischen Sprache des 19. Jahrhunderts wurde Bourgeoisie häufig für Kapitalisten gebraucht. |
Marx benutzte in seinen politischen und ökonomischen Schriften den Ausdruck Bourgeoisie seltener. Er sprach meistens von der Klasse der Kapitalisten.
U.Walluhn
Der Marxismus-Leninismus ist meiner Ansicht nach der erste Versuch einer wissenschaftlichen Erklärung der menschlichen Gesellschaft. Er ist allerdings in Ansätzen des 19. Jahrhunderts stecken geblieben und nie wirklich zu einer Wissenschaft (weiter)entwickelt worden. Seit 1990 ist Gesellschaftswissenachft in Mitteldeutschland ein Tabu, in West- und Süddeutschland war dies leider schon immer ein Tabu. Und warum? Wirklche Gesellschaftswissenschaft würde den Kapitalismus von heute sofort als historisch überlebt und in unlösbaren (antagonistischen) Widersprüchen verhaftet entlarven. Gesellschaftswissenschaft würde zur materiellen Gewalt, ergriffe sie die Massen.
die_gute_fee
Zitat: |
U.Walluhn hat am 02. Dezember 2007 um 20:55 Uhr folgendes geschrieben:
Wirklche Gesellschaftswissenschaft würde den Kapitalismus von heute sofort als historisch überlebt und in unlösbaren (antagonistischen) Widersprüchen verhaftet entlarven. Gesellschaftswissenschaft würde zur materiellen Gewalt, ergriffe sie die Massen. |
Eine "wirkliche Wissenschaft" bei der das Ergebnis der Forschung im Voraus feststeht?
U.Walluhn
Bei einer wissenschaftlichen Arbeit steht nie das Ergebnis von vorn herein fest. Allenfalls kann man vorab Prognosen abgeben. Der Weg der Wissenschaft ist immer steinig. Es irrt der Mensch solang er strebt.
Manfred O.
Zitat: |
mcbernie hat am 02. Dezember 2007 um 19:36 Uhr folgendes geschrieben:[SIZE=9]
Der Begriff was Bourgeoisie ist ist folgendermaßen deffiniert:
Zitat: |
Der Begriff Bourgeoisie stammt ursprümglich aus Frankreich und ist der Name für das wohlhabende Bürgertum. In der politischen Sprache des 19. Jahrhunderts wurde Bourgeoisie häufig für Kapitalisten gebraucht. |
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http://de.wikipedia.org/wiki/Bourgeoisie
U.Walluhn
Die Kapitalisten zur Zeit Karl Heinrich Marx, das ist etwa als 150 Jahre her, existieren heute so nicht mehr. Marx konnte dies allerdings nicht wissen. Der mittelständische Unternehmer, der Kleinunternehmer, der Handwerker, der Gewerbetreibende als Einzelunternehmer sind keine Kapitalisten. Dies alles sind Unternehmer, allenfalls "Ausbeuter", wenn sie ihre Arbeiter und Angestellte zugunsten des eigenen (überzogenen) Gewinnes unverhältnismäßig schlecht entlohnen. Unternehmer sind in einer modernen Volkswirtschaft äußerst wichtig. Sie müssen beste Voraussetzungen im Staatswesen vorfinden, sonst unternehmen sie nichts. Als Kapitalisten kann man heute allenfalls die Vorstandsvorsitzenden und Top-Manager internationaleler Konzerne bezeichnen, übersetzt: die Führungsgrößen der Heuschrecken-Imperien. Und nur diese gilt es zu sozialisieren. Ansonsten verweise ich auf meinen Beitrag über das Eigenleben des Kapitals in Form des Giralgeldes, des Buchgeldes.
die_gute_fee
Zitat: |
U.Walluhn hat am 02. Dezember 2007 um 21:11 Uhr folgendes geschrieben:
Bei einer wissenschaftlichen Arbeit steht nie das Ergebnis von vorn herein fest. Allenfalls kann man vorab Prognosen abgeben. Der Weg der Wissenschaft ist immer steinig. Es irrt der Mensch solang er strebt. |
Wie willst Du dann wissen, dass "Wirklche Gesellschaftswissenschaft den Kapitalismus von heute sofort als historisch überlebt und in unlösbaren (antagonistischen) Widersprüchen verhaftet entlarven würde"?
Manfred O.
Zitat: |
U.Walluhn hat am 02. Dezember 2007 um 21:39 Uhr folgendes geschrieben:
Als Kapitalisten kann man heute allenfalls die Vorstandsvorsitzenden und Top-Manager internationaleler Konzerne bezeichnen. Und nur diese gilt es zu sozialisieren. Ansonsten verweise ich auf meinen Beitrag über das Eigenleben des Kapitals in Form des Giralgeldes, des Buchgeldes. |
Die Manager sind nur Angestellte, ihnen gehört das Unternehmen nicht, nicht die Produktionsmittel und auch nicht das Kapital. Sie werden berufen und können auch entlassen werden.
Nach Marx sind sie also keine Kapitalisten.
Bernhard P.
Zitat gute fee:
Zitat: |
Wie willst Du dann wissen, dass "Wirklche Gesellschaftswissenschaft den Kapitalismus von heute sofort als historisch überlebt und in unlösbaren (antagonistischen) Widersprüchen verhaftet entlarven würde"? |
Mich wundert es ein bischen das diese Frage von dir kommt. Aber gut, die Gedanken sind ja nun mal frei.
Das Kapitalismus historisch überlebt ist liegt doch klar auf der Hand.
Die wichtigsten Gründe zähle ich dir noch mal auf.
- Ausbeutung des Menschen durch den Menschen
- soziale Ungerechtigkeit und Unsicherheit und damit verbunden Massenarbeitslosigkeit
- Rücksichtloser profitorientierter Abbau der Bodenschätze und Zerstörung der Natur
- Streben nch unbedingten Maximalprofiten und notfalls Drchsetzen dieser Ziele mit militärischer Gewalt(Afghanistan, Irak, Lybien usw.)
Gute fee willst du jetzt immer noch behaupten das ein so deffiniertes Gesellschaftssystem das System der Zukunft ist?
U.Walluhn
mcbernie hat soeben wesentliche Gründe dafür genannt, das der Kapitalismus historisch überlebt ist. Hauptgrund: Das kapitalistische System ist außerstande, die wirklichen Probleme der Menschheit zu lösen, die da lauten: Rohstoffproblem, Umweltproblem, Bevölkerungsproblem, Klimaproblem. Der Kapitalismus will und muss Profit erzeugen, also Geldvermehrung betreiben, weil Geld im Kapitalismus statt Maß für Wert und Leistung selbst eine am Markt handelbare Ware ist. Der Beweis kann ausführlich an Hand von Fakten, nachprüfbaren Statstiken u.a. geführt werden. Um vorzubeugen: Aus dem Stand heraus, also aus der Hinterhand kann ich hier im Forum "mal schnell" diesen Beweis nicht antreten. Hierzu bedarf es langer Studien. Anfang 2008 werde ich allerdings eine Teilstudie zum Problem Vollbeschäftigung erstellen und auch ins Weltnetz einstellen. Ich sage heute nur: Eine "Heidenarbeit".
Manager großer Weltkonzerne sind keine Angestellten im klassischen Sinne. Sie sind vom Kapital, dass sich nachweisbar in den Händen einer kleinen Oberschicht befindet, mit großen Geldsummen korrumpiert, das Kapital zu verwalten und zu vermehren oder gehören selbst dieser Oberschicht unmittelbar an. Ausnahmen bestätigen wie immer auch hier die Regel. Ich ergänze: Zu den Kapitalisten gehören natürlich auch alle Mitglieder der Oberschicht, die fast allen Reichtum der Erde in ihren wenigen Händen konzentrieren, auch wenn sich einzelne Personen eben dieser Oberschicht dessen gar nicht bewusst sind.
Bernhard P.
Nachdem die Diskussion bis jetzt gut gelaufen ist, ein Lob an alle hier Beteiligten, denke ich das es nun an der Zeit ist sich dem marxschen Hauptwerk "Das Kapital"
zuzuwenden. Um die Zusammenhänge des Wirkens dieser kapitalistischen GO kennenzulernen muss man sich erst einmal mit einigen Begriffen auseinandersetzen. Heute geht hier es um die Begriffe, Ware, Wert, Gebrauchswert.
Marx über die Ware:
Zitat: |
„Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine ‚ungeheure Warensammlung‘, die einzelne Ware als seine Elementarform. Unsere Untersuchung beginnt daher mit der Analyse der Ware.“„Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z. B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache.“ K. Marx, Kapital I : 49. |
Waren sind zunächst nur persönliche Dinge, nützliche Gegenstände welche zur Befriedigung der unterschiedlichsten menschlichen Bedürfnisse dienen.
Marx über en Gebrauchswert einer Ware:
Zitat: |
„Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. ... Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich den stofflichen Träger des - Tauschwerts.“ K. Marx, Kapital I : 50.
„Ein Ding kann nützlich und Produkt menschlicher Arbeit sein, ohne Ware zu sein.“ (Wenn es für den Eigenbedarf oder z.B. für Familienmitglieder und nicht für den Verkauf, d. h. den Austausch gemacht worden ist wb) ... „Um Ware zu werden muss das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden.“ K. Marx, Kapital I : 55. |
Die Nützlichkeit eines Dinges kann es zur Ware machen, mit welcher gehandelt wird.
Beispiele gibt es viele. Alle Güter des täglichen Bedarfes wie Lebensmittel, Haushaltsgegenstände, Technische Güter, Bücher, CDs etc kann man hierzu zählen. Ein Ding kann jedoch auch nützlich sein ohne Ware zu sein. Als Beispiel ein Kleingarten. Hier kann der Einzelne Obst und Gemüse anbauen ohne die Absicht zu haben diese zu verkaufen. In dem Fall dienen die Dinge nur zur Abdeckung des persönlichen Bedarfes. Sie sind also in diesem Falle keine Ware die gehandelt werden soll.
Marx über den Wert einer Ware:
Zitat: |
„Es ist also nur ... die zur Herstellung eines Gebrauchswerts gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, welche seine Wertgröße bestimmt ... Waren, worin gleich große Arbeitsquanta enthalten sind oder die in derselben Arbeitszeit hergestellt werden können, haben daher dieselbe Wertgröße.“ K. Marx, Kapital I : 54.
„Die Wertgröße einer Ware bliebe daher konstant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit konstant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.“ K. Marx, Kapital I : 54.
„Allgemein: Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert.“ K. Marx, Kapital I : 55. |
In dem Wert einer Ware sind alle in den Produktionsprozess enthaltenen Komponenten heranzuziehen, wie der Preis der Rohstoffe, die Qualität der Verarbeitung, die Kosten des technologischen Produktionsprozesses und vor allem die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. Der Profit für den Kapitalisten ist jener Anteil der dem Kapitalisten, nach dem Abzug aller für die Produktion nötigen Kosten, einschließlich der Kosten für Arbeitslöhne der Beschäftigten, übrig bleibt. Hierbei liegt es auf der Hand das billige Herstellung, wie in Entwicklungsländern, niiedrige Löhne und ausgeklügelte effektike Produktionstechnologien maßgeblich die Profitrate für den Kapitalisten ganz erheblich ansteigen lassen. Produktivkraft und Wert einer Ware sind, wie das Marx erkannte, also indirekt propurtional.
U.Walluhn
mcbernie, richtig. Mit derartigen Darlegungen beginnt die wissenschaftliche Betrachtung der Gesellschaft. Nur eine solche Herangehensweise macht verständlich, warum und weshalb (und wie) die kapitalistische (einseitige) Aneignung des Mehrwertes unterbunden werden muss. Was Karl Heinrich Marx hier vor 150 Jahren erkannte, hat zeitlos Gültigkeit, denn er erkannte ein Gesetz der menschlichen Gesellschaft. Es ist zu beachten, dass Profit immer leistungsloses Einkommen darstellt. Im Profit ist nicht einmal der sogenannte Unternehmerlohn enthalten, denn dieser zählt zu den Gestehungskosten! Viele wissen dies gar nicht und meinen immer, der sogenannte Unternehmerlohn sei der Profit!